Michael Brombacher von Megaforce zu Pukkelpop und Indianapolis: „Politsche Persilscheine nützen nichts.“

Michael Brombacher Michael Brombacher

Michael BrombacherAuch Großbühnen-Spezialist Michael Brombacher, neben Mark Liese einer der beiden Geschäftsführer von Megaforce, äußert sich zum Thema Bühnensicherheit nach Pukkelpop, Indianapolis und Co.

Sein Fazit: „Ich hoffe auf Mut bei den Verantwortlichen, die solche Bauwerke abnehmen, dass auch mal ein Bauwerk NICHT in Betrieb gehen darf. Den Mut vor allem dann, wenn plötzlich Druck von Verwaltungen oder gar aus der Politik kommt.“

EventElevator: Warum häuft sich diese Art von Unglücken diesen Sommer?
Michael Brombacher: Gefühlt sind die „extremen“ Wettersituationen in den letzten Jahren tatsächlich angestiegen. Man müsste das aber mal mit amtlichen Wetteraufzeichnungen hinterlegen.Ich denke, global betrachtet wird sich das ganze dann relativieren, da es die „extremen“ Wettersituationen schlicht schon immer gab. So hatten wir 2009 als Megaforce einen Sommer mit vielen extremen Wettersituationen, 2010 war eigentlich recht ruhig und 2011 ist es wieder heftiger.

EventElevator: Ist der Klimawandel dafür verantwortlich?
Michael Brombacher:Ich denke schon, dass der Klimawandel da eine wichtige Rolle spielt. Aber noch wichtiger dürfte die Rolle der Konstruktionen und Produktionen sein. Die Lasten und Bauhöhen gehen in den letzten Jahren immer mehr in die Höhe. Festivals wachsen und da, wo mal vor drei Jahren noch eine 17×12-Meter-Bühne mit 9m Clearance und 10 Tonnen Dachlast stand, steht heute dann schon eine 20x15er mit 12-14m Clearance und bis zu 25 Tonnen Dachlast.

Hinzu kommt die Situation, dass es inzwischen Hersteller gibt, die Überdachungen mit irrwitzigen Abmaßen und Bauhöhen aus Aluminiumtruss an wen auch immer verkaufen. Das ist aus meiner Sicht grob fahrlässig. Natürlich geben die Hersteller Statiken dazu raus und vielleicht auch Bauinfos, aber ob der Käufer/Anwender überhaupt ansatzweise eine Ahnung hat, mit was er da umgeht, bezweifle ich absolut. Ein weiterer wichtiger Punkt liegt auch beim Veranstalter selbst. Gibt es entsprechende Sicherheitskonzepte, Notfallpläne, steht die Kommunikation ? Ist die Security richtig involviert usw. Da ist ja die Bühne nur ein kleiner Teil von einem Ganzen. Und ganz zum Schluß natürlich alle beteiligten Mitarbeiter. Sind diese geschult, erfahren, informiert und haben die Leute vor allem ein Verständnis
Für den Ganzen Zusammenhang ?

EventElevator: Wer überprüft solche Bauten?
Michael Brombacher: In Deutschland muss der Betreiber eines fliegenden Bau diesen bei den entsprechenden örtlichen Baubehörden zur Abnahme anzeigen. Die Abnahme erfolgt dann mittels Baubuch und dem örtlichen Bauamtsmitarbeiter.

Zum Teil haben verschiedene Bundesländer diese Aufgabe auch an den TÜV übertragen. Das Problem liegt aus meiner Sicht darin, dass wir zwar eine klare Gesetzlage zum Thema „Abnahme von fliegende Bauten“ haben, aber deren Anwendung und Handhabung vor Ort durch die örtlichen Behörden völlig unterschiedlich gehandhabt wird. Das ist auch genau der Grund, warum immer noch viel zu viele „grenzwertige“ oder gar „fahrlässige“ Konstruktionen irgendwo zum Einsatz kommen. In Österreich beispielsweise wird immer zur Abnahme ein Prüfingenieur bestellt.

EventElevator: Was wird sich durch die Unfälle ändern?
Michael Brombacher: Alle Beteiligten, die ernsthaft in der Branche arbeiten, werden sicher sensibilisierter mit dem Thema Sicherheit umgehen. Allerdings bezweifle ich dass es auch unsere Auftraggeber lernen. Die werden nach wie vor auf die Zahl rechts unten schauen und sich sicher noch viel zu oft dann einfach für den billigsten entscheiden.

EventElevator: Was sollte sich ändern?
Michael Brombacher: Hilfreich wäre für den Anfang, wenn in Deutschland fliegende Bauten generell vom TÜV abgenommen würden. Damit sind dann alle Verwaltungsangestellte von Baubehörden aussen vor, die oftmals schlicht nicht über genug technisches Wissen verfügen, um dieser Aufgabe überhaupt gerecht zu werden. Dann hoffe ich auf Mut bei den Verantwortlichen, die solche Bauwerke abnehmen, dass auch mal ein Bauwerk NICHT in Betrieb gehen darf, wenn es baulich und statisch einfach nicht sicher ist. Den Mut vor allem dann, wenn plötzlich Druck von Verwaltungen oder gar aus der Politik kommt. So nach dem Motto: der Bürgermeister übernimmt die Verantwortung, weil die Veranstaltung muss stattfinden. Vielen ist gar nicht bewusst, dass solche politischen „Persilscheine“ nichts wert sind, denn im Schadensfall wird trotzdem jeder Richter den Fachmann, sprich Aufsteller oder Vorarbeiter oder Bauleiter oder gar den Sachverständigen verurteilen.

Und ganz zum Schluß müssen wir alle es erreichen, dass vor allem unsere Auftraggeber nicht nur nach dem Preis entscheiden, sondern auch danach, wie sicher die Leistung ist, die er sich einkauft. Und das muss auch funktionieren wenn zum Beispiel in Leistungsverzeichnisse jegliche Verantwortung an den Lieferant abgetreten wird und sich dann sogenannte Planungsbüros und Auftraggeber ihre Hände in Unschuld waschen wollen, aber eigentlich alle wissen, dass es für den Lieferanten zeitlich und inhaltlich gar nicht zu machen ist, die Verantwortung dafür zu übernehmen.

Der inhabergeführte technische Dienstleister Megaforce aus Weingarten bei Karlsruhe ist seit über 10 Jahren erfolgreich in der Veranstaltungsbranche aktiv. Die Kernkompetenzen des Teams liegen im Rigging und Bühnenbau in allen Größen und Formen für Veranstaltungen verschiedenster Art, die sich mit Serviceleistungen im Ingenieurbereich und Logistik ergänzen.

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