Beschallung im Theater 2/3 – Beschallungskonzepte

Stage Tec Aurus Konsole im Deutschen Theater Berlin.

Im zweiten von drei Teilen beschäftigen wir uns mit Beschallungskonzepten in Theater- und Opernhäusern.

Links zu den übrigen Folgen der Serie

Bestandteile einer Theaterbeschallung

Ausgehend von den erläuterten und regelmäßig für Inszenierungen relevanten Überlegungen zur Tongestaltung hat sich in nahezu allen Repertoire-Theatern (zumindest im deutschsprachigen Raum) eine Art Standard hinsichtlich der fest installierten Beschallungsanlagen etabliert.

theaterbschallung c4 d&B C4-System als Teil der Bühnenbeschallung im Deutschen Theater Berlin.
(Anklicken Zum Vergrößern)
Neben einer L-C-R Portalbeschallung mit häufig getrennt regelbarem Subwoofer-System, existiert stets ein weiteres leistungsstarkes PA-System an der Bühnenrückwand. Dieses ist, anders als das ebenso oftmals fest-installierte Monitoring in den Portaltürmen, in Richtung Publikum ausgerichtet und wird durch weitere Lautsprecher, beispielsweise seitlich oder oberhalb der Spielfläche, sowie auf den Arbeitsgalerien ergänzt.

Maßgeblich verwendet wird diese Bühnenbeschallung zur Realisierung richtungsbezogener und in das Gesamtgeschehen eingebetteter Playbacks, also sowohl für additive Chor- und Orchestereinspielungen als auch für Hintergrundmusik und Atmo-Sounds. Vor allem im Bereich Musical findet man bisweilen zusätzlich festinstallierte Systeme im Orchestergraben.

  Gesetz der ersten Wellenfront / Haas-Effekt

Die praktische Umsetzung des Gesetzes der ersten Wellenfront, nach seinem Entdecker auch Haas-Effekt genannt, ist im Theater alltäglich. Dank dieses psychoakustischen Phänomens, wodurch das menschliche Gehör ein Schallereignis stets aus der zuerst eintreffenden Richtung wahrnimmt, ist es möglich, dass gezielt platzierte Lautsprecher für Geräuscheffekte die gewünschte Ortung gewährleisten, während die weitere Beschallung (z.B. Portalsystem) mit einer Zeitkorrektur im Bereich 10-40 ms (zusätzlich zur normalen Entfernungskompensation) zum Herstellen eines homogenen Klangbilds mit vollwertigem Frequenzgang addiert werden kann.

Sie dienen ebenfalls der Publikumsbeschallung und sorgen in Kombination mit einer zeitkorrigierten Portalbeschallung (vgl. Gesetz der ersten Wellenfront) für die korrekte Richtungswahrnehmung von Orchesterplaybacks, welche den Gesamtsound eines live-spielenden Ensembles ergänzen.

Weiterhin verfügen heutzutage die meisten Theater über ein Surroundsystem im Zuschauerbereich, welches sowohl für Raumsimulationen als auch richtungsbezogene Spezialeffekte eingesetzt wird. Aufgrund der Rangbauweise und der Größe der meisten Opern- und Schauspielhäuser sind hier allerdings im Vergleich zu Kinosälen wesentlich mehr Lautsprecher (i.d.R. 20-50 Stück) installiert, um eine gleichmäßige Pegelverteilung zu erreichen.

Häufig befinden sich ebenfalls im Zuschauerbereich noch eine Reihe so genannter Stützlautsprecher, welche den Pegel- bzw. Höhenverlust der Portalbeschallung für die hinteren Stuhlreihen kompensieren sollen. Im Vergleich zu einer Delay-Line im Konzertbereich werden aus optischen, aber auch baulichen Gründen oftmals sehr kompakte, hinsichtlich Pegel und Frequenzgang nur eingeschränkt nutzbare Produkte verbaut.

theaterbschallung seiteD&B E3-Lautsprecher als Teil einer Surroundbeschallung (im Normalbetrieb durch aufgesetzte Blendrahmen nicht sichtbar). (Anklicken zum Vergrößern)

Dabei wird manchmal fälschlicherweise von einer dezentralen Beschallung in Theatern gesprochen, korrekterweise muss die Kombination von Haupt- und verzögertem Zusatzsystem aber als „gestützte Zentralbeschallung“ bezeichnet werden.

Zu guter letzt befindet sich eine weitere theatertypische „Standardposition“ im Kronleuchter (sofern vorhanden) mittig über dem Zuschauerparkett und wird bisweilen branchen-intern als „Stimme Gottes“ bezeichnet. Sie dient in erster Linie zur Einspielung von Geräuscheffekten.

Wenngleich ein großer Teil eines typischen Sounddesigns mit Hilfe der vorhandenen Festinstallation zufriedenstellend realisiert werden kann, erweist es sich bei nahezu allen Theaterproduktionen als notwendig, zusätzliche Lautsprechersysteme im Bühnen- oder Zuschauerbereich einzusetzen.

Nur so können z.B. die erwähnten Punktschallquellen für Geräusche realisiert, akustisch ungünstige Einflüsse der Bühnendekoration (Bühnenbild) kompensiert oder schlicht ein adäquates Monitoring für die Darsteller gewährleistet werden.

Versatzkasten

Anders als im „Rock’n’Roll-Bereich, wo oft eine zentrale Stagebox verwendet wird, findet man in Theatern so genannte Versatzkästen zum Anschluss von Mikrofonen, Lautsprechern und Peripherie. Diese verfügen meist nur über relativ wenige I/Os, sind aber flächendeckend im Zuschauer-, Bühnen- und auch dem restlichen Gebäude (Probebühnen, Garderoben, Foyers) installiert. Neuere Installationen ermöglichen dank zusätzlicher CAT5-, LWL- und RG58/59-Leitungen eine sehr flexible Nutzung.

Der Anschluss der dazu genutzten mobilen Lautsprecher erfolgt über so genannte Versatzkästen, entweder niederohmig oder in 100V-Technik, wobei in modernisierten Audio-Infrastrukturen beide Varianten verfügbar sind. Üblicherweise lassen sich sämtliche festinstallierte und mobile Lautsprecher diskret vom Mischpult aus ansteuern, wodurch sich häufig mehr als 100 Verstärkereinheiten in Betrieb befinden, da alleine für die Surroundbeschallung meist 20-50 Endstufenkanäle notwendig sind.

Verwendete Lautsprechersysteme   

In den meisten Fällen werden bei Theaterfestinstallationen die gleichen Lautsprechersysteme wie im Touring-/ Konzertbereich verwendet,. Aus optischen und platztechnischen Gründen kommen aber fast immer möglichst kompakte Produktvarianten der gängigen Hersteller zum Einsatz. Neben konventionellen Lautsprechern in 12“/2“ oder 15“/2“-Bestückung bzw. daraus aufgebauten Clustern werden in den letzten Jahren auch vermehrt Line Arrays, sowohl im Bühnen- als auch im Portalbereich verbaut, was allerdings oftmals nur bei sehr großen Zuschauerräumen vorteilhaft ist.

Volksbuehne 2k webD&B T-Serie als Portalsystem in der Volksbühne Berlin. (Anklicken zum Vergrößern) © Lennart Löttker

Deutlich weniger anzutreffen sind dagegen so genannte „lange Linien“, also Linienstrahler, häufig mit magnetostatischer Treibertechnologie, obwohl diese, eine entsprechende Gesamtlänge vorausgesetzt, besonders für Sprachverstärkung einige Vorteile hinsichtlich Pegelverteilung und Abstrahlverhalten bieten. Die Schwächen dieser Systeme im Tieftonbereich, sowie der tendenziell zu geringe maximale Schalldruck bedingen allerdings in der Regel die Installation eines zusätzlichen, konventionellen PA-Systems, was einen deutlich erhöhten Kostenaufwand bei Anschaffung und Wartung zur Folge hat.

Im Bühnenbereich sollten vornehmlich Lautsprecher mit schmalen Abstrahlwinkeln eingesetzt werden, um möglichst wenig unerwünschte Reflexionen zu erzeugen. Bei der Planung und Installation der Portalsysteme muss dagegen auf eine gleichmäßige Versorgung aller Publikumsplätze geachtet werden. In Zuschauerräumen mit zwei oder mehr Rängen sind dabei pro Seite mindestens zwei Einzellautsprecher mit entsprechend gewählter Coverage (z.B. 60×40 Grad für die Ränge/ Fernfeld und 90×40 Grad für den Nahbereich im Parkett) als vertikales Array notwendig.

Das Center-Cluster sollte einen sehr breiten horizontalen, sowie ausreichenden vertikalen Abstrahlwinkel aufweisen. Ein dafür bewährtes Setup sind zwei 60-Grad-Systeme für ein horizontales Coverage von 120 Grad plus ein oder mehrere Downfills zur Versorgung des vorderen Parkettbereichs. Ergänzend dazu sind in vielen Häusern oftmals mehrere kleinformatige Frontfill-Lautsprecher in die Bühnenkante eingelassen, welche einerseits die ersten Zuschauerreihen versorgen und andererseits die Ortung des aus optischen Gründen (Sichtachsen der Rangplätze) häufig sehr hoch geflogenen Center-Clusters etwas „nach unten ziehen“.

meyer sound MM4Meyer Sound MM4 als Stützlautsprecher.

Das sowohl für Musikeinspielungen bzw- verstärkungen als auch für viele Geräuscheffekte (z.B. Donner) benötigte Subwoofersystem ist in der Regel ebenfalls im Portalbereich installiert und sollte einen Frequenzgang ab 40 Hz wiedergeben können. Zusätzliche, noch weiter hinabreichende Infrasub-Komponenten sind wünschenswert, da sowohl in aktuellen Schauspielinszenierungen als auch in neuzeitlichen Opernproduktionen tieffrequente Musik- bzw. Effektanteile regelmäßig und vergleichbar mit der LFE-Nutzung beim Film verwendet werden.

Bisweilen existiert ein weiteres Basssystem im Bühnenbereich, um bei Bedarf tieffrequenten Sound-Content ebenfalls richtungsgetreu wiedergeben zu können. Diese Bühnen-Subs helfen auch bei der Kompensation von Interferenz-Löchern im Tieftonbereich, welche durch die leider immer noch häufig anzutreffende L/R-Positionierung der Portal-Subwoofer verursacht werden. In einigen Theatern existiert schließlich noch ein weiteres Tieftonsystem unterhalb des Orchestergrabens oder des Zuschauerparketts, womit eine gleichmäßigere Verteilung des Bassbereichs und eine gewisse Körperschallübertragung auf die Stuhlreihen erreicht werden kann.

Die Lautsprecher der Surroundbeschallung werden in Theatern, ebenso wie manchmal auch die Portalsysteme, oftmals für das Publikum unsichtbar als Wand- oder Deckeneinbauten installiert. Deshalb – aber bei einer sichtbaren Anbringung meist ebenso – sind aus Platzgründen sehr kleinformatige Lautsprecher notwendig, welche zudem aufgrund der geringen Abstände zu den Außenplätzen über einen sehr breiten horizontalen Abstrahlwinkel verfügen müssen.

Als geeignete Produkte kommen hier sowohl die auf Nahfeldanwendungen optimierten Kompaktmodelle aus dem Beschallungsbereich, mit z.B. 6“/1“-Bestückung, als auch auch diverse Studiomonitore in Frage, da in diesem Fall ein Hochtonhorn zur Schallbündelung nicht zwingend notwendig ist.

Prinzipiell ist festzustellen, dass für eine gleichmäßige Pegelverteilung möglichst viele Lautsprecher verbaut werden müssen. Das kann einen hohen Kostenaufwand bedeuten, nicht zuletzt da für exakte Laufzeit- und Pegelkorrekturen, sowie für eine eventuelle Nutzung einzelner Position als Effektquelle, jeder einzelne Surroundlautsprecher über einen eigenen Endstufenkanal nebst Processing verfügen sollte.

Als Stützbeschallung zur Pegel- und Hochtonauffrischung des Portalsystems unter Balkonen oder in den Logen können schließlich noch kompaktere Systeme verwendet werden, da dafür weder allzu hohe Pegel noch eine weit hinabreichende Tieftonwiedergabe notwendig sind. Häufig genutzte Modelle der einschlägigen Hersteller verfügen hier zumeist über einen 4“-Treiber, welcher je nach Produkt durch einen koaxial angeordneten Hochtöner ergänzt wird.

Ortungsbezogene Soundeffekte oder Geräuscheinspielungen können, wie bereits erwähnt, mit den Möglichkeiten einer vorhandenen Festinstallation nicht zufriedenstellend realisiert werden. Je nach Anforderung eignen sich sowohl gängige 12/2“-Systeme (so genannte MuFu (Multifunktions)-Lautsprecher) bzw. entsprechend kompaktere Modelle) als auch häufig Produkte aus dem Consumer-Bereich zur Herstellung einer entsprechenden Punktschallquelle.

theaterbeschallung angelInEar-Empfänger mit Miniaturlautsprecher „Music Angel“

Für kabellose Anwendungen mit geringeren Anforderungen an Frequenzgang und Pegel kann beispielsweise der Miniaturlautsprecher Music Angel in Kombination mit einem inEar-Sender eingesetzt und problemlos in Kostümen oder Requisiten versteckt werden. Bei kabelgebundener Anwendung ist nach wie vor die 100V-Technik nicht selten das Mittel der Wahl. Bei Nutzung hochwertiger Komponenten und leistungsstarker Übertrager ist dabei die Klangqualität durchaus hoch. Zudem können ohne Leistungsverlust dünne und leichte Kabel zur Signalführung verwendet werden, was das Setup erleichtert und optische Vorteile bietet.

Erwähnenswert ist, dass die Firma K-Array mit den Produkten Anaconda und Owl zwei sehr innovative und für die Verwendung als Effektlautsprecher prädestinierte Produkte entwickelt hat, wobei auch weitere Anwendungen möglich sind (z.B. Anaconda als Frontfill-Linie).

anaconda liveK-Array Anaconda (Anklicken zum Vergrößern) © MArtin Person

Nutzung von A/B-Systemen

Eine besondere Variante der Theaterbeschallung ist das so genannte A/B-System. Dafür wird im Portalbereich jede Lautsprecherposition doppelt installiert, so dass schlussendlich zwei getrennte PAs zur Verfügung stehen. Diese können dann über zwei Gruppenausgänge vom Mischpult aus diskret angesteuert werden. Hintergedanke und Ziel des ganzen ist die Vermeidung starker Kammfiltereffekte, welche bei der Sprachverstärkung von in kurzer Distanz zueinander stehender Schauspieler über Lavaliermikrofone bzw. Headsets entstehen.

Durch das Routing der beiden betreffenden Mikrofone auf jeweils eines der beiden Beschallungssysteme werden die Signale einerseits von verschiedenen Lautsprechern mit einem gewissen räumlichen Abstand wiedergegeben und andererseits das Entstehen der Auslöschungen von der elektrischen (im Mischpult) auf die akustische Ebene (an den Lautsprechern) verlagert, wodurch die unerwünschte Signalkohärenz in den kritischen Frequenzbereichen wirkungsvoll vermieden wird.

Besonders im „Broadway“-Musicalbereich werden A/B-Systeme sehr häufig eingesetzt, klassische Repertoire-Theater verfügen dagegen nur sehr selten über eine derartige Festinstallation, wenngleich diese besonders für die immer regelmäßiger eingesetzte Sprachverstärkung im Bereich Schauspiel sinnvoll, wenn nicht gar notwendig wäre.  

Umsetzung eines Klangkonzepts

Für die praktische Umsetzung der eingangs beschriebenen Klangästhetiken stellt die vorhandene festinstallierte Tontechnik eines Theaters die Basis dar, wodurch – abhängig von der Güte und Quantität der Ausstattung – oftmals auch gewisse Kompromisse eingegangen werden müssen. Speziell für eine Inszenierung gewünschte, zusätzliche Beschallungskomponenten können aufgrund knapper Budgets in der Regel nur in sehr begrenztem Umfang angeschafft werden, eine Anmietung von Equipment ist aufgrund der mehrwöchigen Probenphasen und des folgenden Repertoirebetriebs ebenfalls nur selten wirtschaftlich möglich bzw. sinnvoll.

Eine weitere, bereits im Vorfeld zu beachtende Einschränkung sind limitierte Rüstzeiten, sowie personelle Ressourcen. Üblicherweise muss in Repertoire-Theaterbetrieben der komplette Aufbau inklusive Soundcheck in einem Zeitfenster von ca. 2 Stunden von ein bis zwei Mitarbeitern realisiert werden können, was die Wichtigkeit einer umfangreichen, flexibel nutzbaren Beschallungsfestinstallation verdeutlicht.

Eine diesbezüglich gute Grundausstattung vorausgesetzt, lassen sich dank der heutigen Möglichkeiten der digitalen Mischpulttechnik (Snapshot-Programmierung, umfangreiches Signal-Processing, exakte Wiederherstellung von Settings) nichtsdestoweniger inszenierungsbezogene Beschallungskonzepte bzw. Sounddesigns (in der Bedeutung des „technischen Klangs“) realisieren, welche einem im Vorfeld definiertem Ideal sehr nahe kommen und sich jederzeit international, aber auch mit anderen Veranstaltungs-Genres, messen lassen können.   

Einrichtung von Playbacks und Geräuscheffekten

Die Auswahl der passenden Beschallungskomponenten zur Wiedergabe vorproduzierter Playbacks (Zuspielungen) ist abhängig von deren Art und Funktion. Für singuläre Geräuscheffekte mit naturalistischer Wirkung eignen sich, wie bereits angedeutet, Einzellautsprecher im Bühnenbereich als punktuelle Ortungsquelle. Neben einem gut abgestimmten Pegel, welcher für eine auf allen Zuschauerplätzen glaubwürdige Darstellung der Einspielung sorgt, sind in der Regel starke Klangkorrekturen mittels EQ notwendig, um beispielsweise Höhenverluste aufgrund von Lautsprecherpositionierungen hinter Bühnenbildelementen zu kompensieren.

Bisweilen können unter Berücksichtigung des so genannten Haas-Effekts weitere Lautsprechersysteme zur eigentlichen Ortungsquelle hinzugemischt werden, um eine ausgewogenere Pegel- und Spektralverteilung im Zuschauerbereich zu erreichen.

Eine interessante Entwicklung stellen in diesem Zusammenhang die Fortschritte bei der so genannten 3D-Audio-Technologie (bzw. auch Wellenfeldsynthese) dar. Hier kann, vereinfacht ausgedrückt, das gewünschte Audiomaterial mittels graphischer Benutzeroberfläche als „Objekt“ im Bühnen- oder Zuschauerbereich positioniert werden und ein Computer übernimmt die Berechnung der Pegel und Delays für die einzelnen vorhandenen Lautsprecherpositionen.

Musikplaybacks zur additiven „akustischen Vergrößerung“ eines live spielenden Orchesters oder sonstiger Ensembles sollten zumeist ebenso mit deutlicher Bühnenortung zugespielt werden. Dazu bietet sich vor allem die Verwendung der festinstallierten Bühnenlautsprecher, sowie eventueller Systeme im Bereich des Orchestergrabens an.

Neben einem hier besonders exakt zu definierendem Pegel muss dabei unbedingt die Laufzeit des Schalls beachtet werden, damit für die live spielenden Musiker keine Irritationen entstehen. Bei Bedarf sollten deshalb zusätzliche Monitorlautsprecher, welche die Playbacks verzögerungsfrei abbilden, für Musiker und Darsteller zum Einsatz kommen. Musik- oder Klangplaybacks, welche der Gestaltung von Aktwechseln oder der Schaffung bestimmter Atmosphären dienen, wirken oftmals ebenfalls „organischer“, wenn sie aus dem Bühnenbereich heraus wiedergegeben werden. Zudem wird so eine bessere Balance zum gesprochenen Wort der Schauspieler, welche so gleichzeitig ein gewisses Playback-Monitoring erhalten, erreicht.

Allerdings bietet es sich aus klanglichen Gründen oftmals an, diese Art von Zuspielungen über die Lautsprechersysteme im Portal- und ggf. Surroundbereich zu „stützen“. Dies bedeutet, dass sich die wahrgenommene Richtung der Playbacks nach wie vor im Bühnenraum befinden sollte, die spektrale Ausgewogenheit und der gewünschte Gesamtpegel aber mit Hilfe der Beschallungskomponenten im Zuschauerbereich realisiert wird. Dazu müssen diese logischerweise entsprechend der Schalllaufzeit der Bühnenlautsprecher zzgl. Haas-Effekt verzögert werden.

Befindet sich beispielsweise die Bühnenbeschallung 17 Metern hinter dem Portalsystem, sind die Zuspielwege für letzteres mit einem Delay von ca. 61 ms (51 ms Entfernung + ca. 10 ms „Haas-Delay“) zu versehen. Ebenfalls müssen eventuell zusätzlich genutzte Lautsprecher im Bühnenbereich (z.B. Sidefills) entsprechend ihres Abstands zur so genannten „Nulllinie“, also den am weitesten von den Zuschauerplätzen entfernten Lautsprechern, zeitlich korrigiert werden. Zur Festlegung der geeigneten Verzögerungszeiten hat sich neben der Entfernungsmessung mit Hilfe eines Laser-Pointers, die Verwendung eines Klick-Signals bewährt, da so vorhandene Laufzeitunterschiede sehr leicht mittels Gehör erkannt werden können.

Im mischpultseitigen Signalfluss sollten die benötigten Delays nach Möglichkeit bereits in den Eingangskanälen oder auf dedizierten Playback-Subgruppen eingefügt werden. Befinden sich die Delays nämlich in den Ausgangsbussen, ist eine verzögerungsfreie Nutzung der einzelnen Lautsprechersysteme, z.B. für Mikrofone, nicht mehr möglich.

Aufgrund der in vielen Inszenierungen umfangreichen Anzahl an Playback-Cues (nicht selten 50-100 Einsätze) ist eine klare Organisation innerhalb des genutzten Zuspielsystems (i.d.R. Computer mit Audio-Interface) und des Mischpults wichtig. Je nach verfügbaren Ausspielwegen und Input-Channels empfehlen sich Vormischungen im Rechner (z.B. ein Ausgang pro Lautsprecherweg) oder auch das Splitten der Quellen auf mehrere Mischpulteingänge über die Input-Matrix. Für das Operating des Mischpults ist schließlich der oftmals sehr hohe benötigte Dynamikumfang zu beachten.

Damit sowohl sehr leise als auch laute Pegel, sowie entsprechende Übergänge bequem „gefahren“ werden können, sollten einerseits bereits im Zuspielsystem die Lautstärken von Audioclips grundlegend anpasst, andererseits mischpultseitig über Programmierung und Nutzung von VCA-Fadern ausreichende und jederzeit abrufbare Lautstärkereserven vorgehalten werden.

ableton2 smallOrganisation der Playbacks einer Inszenierung in Ableton Live (Klick zum Vergrössern).

Links zu den übrigen Folgen der Serie

Autor: Martin Person