Forum Veranstaltungswirtschaft zieht Bilanz des Gesprächs mit Altmaier

Prof. Jens Michow (Foto: © Klaus Westermann)

Bundeswirtschaftsminister Altmaier diskutierte heute mit vierzig Vertreter*innen von Wirtschaftsverbänden über die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise. Das Forum Veranstaltungswirtschaft, die Allianz der Wirtschaftsverbände der Veranstaltungswirtschaft, wurde repräsentiert durch Prof. Jens Michow (BDKV) und Marcus Pohl (ISDV). Zwar seien die Anstrengungen der Regierung unübersehbar, wichtige Fragen seien jedoch unbeantwortet geblieben. Daher forderten die Verbände unisono, das zeitnah ein ausführlicheres Gespräch mit dem Minister stattfindet. Das Forum Veranstaltungswirtschaft zieht Bilanz des Gesprächs. 

Öffnungsstrategie

Alle Verbände kritisierten nachdrücklich, dass die Bundesregierung nach wie vor weder der Gesellschaft noch der Wirtschaft eine bundeseinheitliche Öffnungsstrategie anbietet. Das Forum Veranstaltungswirtschaft begrüßt daher ausdrücklich, dass der Bundesminister konkret angeboten hat, bereits in den kommenden zwei Tagen vorliegende Öffnungskonzepte zu prüfen und mit den Verbänden zu diskutieren. Die Vertreter der Veranstaltungswirtschaft forderten, dass endlich flächendeckende Tests zur Bekämpfung des Infektionsgeschehens durchgeführt werden, damit nicht jede Veranstaltungsstätte selbst Tests anbieten müsse. Bei der Testrate stehe Deutschland im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) auf Platz 22 – weltweit nur auf Platz 36. Die Verbände hoffen daher, dass die aktuelle Ankündigung des Bundesministers für Gesundheit der Durchführung kostenloser Schnelltests für alle Bürger*innen tatsächlich umgesetzt wird. Dies sei allerdings nur zielführend, sofern diese Tests auch von den Gesundheitsämtern anerkannt werden.  

Manifest Restart 

Die teilnehmenden Vertreter des Forums Veranstaltungswirtschaft erläuterten das von den Verbänden erarbeitete Manifest Restart, das Öffnungs-Konzept für Veranstaltungen. Das Konzept zeigt eine detaillierte Strategie für eine Perspektive für die sichere Durchführung von Veranstaltungen auf. Es enthält eine Teststrategie, die sichere Zonen für Begegnungen schafft und gleichermaßen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens beitragen kann. Nur durch Schaffung einheitlicher Rahmenbedingungen für den Veranstaltungsbetrieb kann der kulturelle und wirtschaftliche Stillstand beendet und allen Beteiligten eine tatsächliche Perspektive gegeben werden. 

Soweit ersichtlich, differenziert kein anderes derzeit vorliegendes Konzept Öffnungsszenarien derart detailliert nach Inzidenzwerten, den konkreten Gegebenheiten der Veranstal-tungsstätten und den entsprechenden Anforderungen an Infektionsschutzmaßnahmen. Aufgrund der Gesprächszusage des Bundeswirtschaftsministers hoffen die Verbände der Veranstaltungswirtschaft, dass die von ihnen vorgeschlagenen Wege zur Erreichung des Ziels sicherer Begegnungen von Menschen schnell umgesetzt werden. 

Marcus Pohl

Wirtschaftlichkeitsbonus und Ausfallfonds 

Bei der Durchführung von Veranstaltungen werden Veranstalter*innen noch für lange Zeit massive Einnahmeausfälle durch Einschränkungen von Teilnehmer*innen- und Besucher*innenzahlen sowie Mehrkosten durch die Umsetzung von Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen und Teststrategien entstehen. Sofern geplante Veranstaltungen aus Infektionsschutzgründen nur eingeschränkt stattfinden können, hat das Bundesministerium für Finanzen (BMF) in Aussicht gestellt, Mindereinnahmen durch einen ‚Wirtschaftlichkeitsbonus‘ zu kompensieren. 

Da Versicherungen das wirtschaftliche Risiko pandemiebedingter Veranstaltungsabsagen nicht mehr übernehmen, hat das BMF im Dezember darüber hinaus die Einrichtung eines Ausfallfonds angekündigt, durch den das Risiko zukünftiger Veranstaltungsausfälle zumindest für die kommenden Monate abgedeckt werden sollte. 

Die Planungen beider Programme sind aus nicht nachvollziehbaren Gründen ins Stocken geraten, möglicherweise sogar vorerst ‚auf Eis‘ gelegt worden. Damit ist die Perspektive für den Kulturbetrieb ein weiteres Mal in die Ferne gerückt. Die Kulturveranstalter*innen weisen darauf hin, dass ohne eine Absicherung zukünftiger Ausfallrisiken Kulturveranstaltungen aufgrund der damit verbundenen erheblichen finanziellen Veranstaltungsrisiken kaum noch durchführbar sein werden. Eine Stellungnahme dazu gab es seitens des Ministers dazu leider nicht. 

Ausfallgarantien für alle Veranstaltungssektoren erforderlich 

Das Forum Veranstaltungswirtschaft hat bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass die Einrichtung eines Ausfallfonds sowie ein Wirtschaftlichkeitsbonus nicht ausschließlich auf den Kulturbereich beschränkt bleiben darf. Auch Wirtschafts-Events, Kongresse und alle sonstigen Veranstaltungen im B2B-Bereich werden zukünftig nur stattfinden können, wenn die Veranstalter*innen sich gegen das Risiko pandemiebedingter Veranstaltungsabsagen, Teilabsagen oder Verschiebungen und gegen nachträgliche Einschränkungen der Besucher*innenzahl absichern können. 

Bundeswirtschaftminister Peter Altmaier beim Wirtschaftsgipfel mit Vertreterinnen und Vertretern von über 40 Verbänden (Foto: © BMWi/Andreas Mertens)

Reisefreiheit und Quarantänebefreiung

Die Veranstaltungswirtschaft erwartet von der Bundesregierung die Einführung konsequenter Teststrategien, damit inländische und ausländische Künstler:innen, Ensembles, Orchester, Bands und ihr Begleitpersonal sowie Geschäftsreisende wieder uneingeschränkt zu Veranstaltungen reisen können. Wie es in anderen Staaten längst üblich ist, muss auch Deutschland unverzüglich flächendeckend Testangebote und Testpflichten einführen und damit die grundsätzliche Reisefreiheit und Quarantänebefreiung ermöglichen. Ferner muss für alle Mitwirkenden von Veranstaltungen die Einreise aus dem Ausland unter Nachweis des betreffenden Engagements bzw. des geschäftlichen Reisegrundes ‚Kulturarbeit‘ bzw. ‚Geschäftsreise‘ ermöglicht werden. Schließlich ist dies beim Profisport bereits der Fall. 

Antragsberechtigung für Mehrpersonengesellschaften

Gesellschafter*innen von Personengesellschaften können bei der Neustarthilfe nunmehr die Betriebskostenpauschale für jeden einzelnen Gesellschafter*in beantragen. Dies soll zwar auch für Gesellschafter-Geschäftsführer*innen von Kapitalgesellschaften möglich werden, jedoch bleiben Mehrpersonengesellschaften noch immer außen vor. Hier besteht dringender Anpassungsbedarf. Dies müsse dadurch gelöst werden, dass diese Unternehmer*innen über einen prüfenden Dritten ebenfalls die Neustarthilfe beantragen können. 

Selbständigkeit in Deutschland

Selbständige leiden besonders schwer unter den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie. Die ihnen angebotenen Hilfen sind völlig unzureichend. Neue Denkansätze und passende Sozial-systeme sind dringend erforderlich. Das Forum Veranstaltungswirtschaft erneuert die Einladung an Bundesminister Altmaier, am Sozialdialog der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände (BAGSV) teilzunehmen.