„In der nächsten Zeit wird sich einiges ändern“

Falco Zanini Falco Zanini

Falco ZaniniFestanstellungen sind im Veranstaltungsbusiness eher unüblich, die Branche verlangt nach flexiblen Arbeitskräften, die auf eigene Rechnung arbeiten. Im ersten Teil unserer Serie zur Beschäftigungspraxis in der Veranstaltungsbranche klärt uns Falco Zanini über wichtige Aspekte der Selbständigkeit auf. Zanini hat von 1994 bis 2001 einen der größten Personallogistikanbieter in Deutschland geführt und ist bestens mit der Materie vertraut.

Vor allem Berufseinsteiger wurden (und werden) häufig aufgefordert, sich einen Gewerbeschein zu holen, damit Sie „auf Rechnung“ beschäftigt werden können. Nun ist Selbständigkeit an sich nicht das eigentliche Problem, laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 21. Januar 2012 haben Selbständige sogar bessere Aussichten, überdurchschnittlich gut zu verdienen als abhängig Beschäftigte und im Vorjahr verfügten 37 Prozent aller Selbständigen über ein Nettoeinkommen von mehr als 2.300 Euro pro Monat. Doch das sind sehr allgemeine Zahlen, die von Branche zu Branche sehr unterschiedlich ausfallen. In der Veranstaltungsbranche wird ein extrem hohes Maß an Flexiblität von allen Beteiligten gefordert, erläutert Falco Zanini. Es scheint das Prinzip Kleiner Finger – ganze Hand zu gelten:

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Und genau diese Flexibiltät ist auch das Argument der Auftraggeber für die Beschäftigung von Selbständigen. Denn was tun mit überflüssigen Angestellten, die in den Sommermonaten mehr als ausgelastet sind, aber für die es oft genug auch nichts zu tun gibt? Zanini lässt dieses Argument nicht gelten, seiner Ansicht nach gibt es sinnvolle Alternativen zum bisher üblichen Verhalten. Eine geregelte Form von Arbeitnehmerüberlassung wäre für alle Beteiligten von Nutzen, wie er findet:

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Arbeitnehmerüberlassung

Arbeitnehmerüberlassung ist eine Form des „drittbezogenen Personaleinsatzes“, bei dem ein Unternehmer einen Arbeitnehmer einstellt und diesen dann zum Zwecke der Arbeitsleistung einem Dritten überlässt. Festgelegt sind die Regelungen der Arbeitnehmerüberlassung im Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung, dem sogenannten Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Dieses Beschäftigungsmodell ist im allgemeinen als Zeit- oder Leiharbeit bekannt. Für den Auftraggeber ändert sich grundsätzlich erst einmal nichts: Das von ihm benötigte Personal steht ihm wie gewohnt zur Verfügung. Er erhält allerdings nicht von jeder Arbeitskraft eine gesonderte Rechnung, sondern bucht alle Arbeitskräfte auf einmal bei einer Agentur. Die Agentur wiederum hat all diese Arbeiter angestellt und führt auch die dementsprechenden Lohnnebenkosten ab. Seit 1. Januar 2012 gilt für Zeitarbeiter ein verbindlicher Mindestlohn: In Ostdeutschland 7,01 Euro brutto pro Stunde und in Westdeutschland 7,89 Euro. Ab dem 1. November 2012 wird sich das Mindestarbeitsentgelt auf 7,50 Euro (Ost) bzw. 8,19 Euro (West) erhöhen.

Laut Zanini ist das Lohniveau im Veranstaltungsbusiness erschreckend niedrig:

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Wer aber hat die Preise in den Keller gejagt? Zanini macht hier selbstausbeuterische Tendenzen bei seinen Kollegen aus, die sich oft nicht im klaren darüber sind, welche Kosten sie mit ihrem Lohn abdecken müssen und was an versteckten Kosten auf sie lauert. Aber auch der Nachwuchs trägt laut Zanini seinen Teil zu dieser unguten Entwicklung bei. Wie sollte der Einzelne sich jetzt verhalten, um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten?

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Scheinselbständigkeit

Das sich etwas ändern wird, davon ist Falco Zanini überzeugt. Und wenn er Recht behält, dann wird es auch nicht mehr allzu lange dauern, bis das jeder zu spüren bekommt. Sein Rat lautet, dass sich manche überlegen sollten, ob nicht zumindest eine teilweise Festanstellung für sie in Frage käme. Denn das Problem ist nicht alleine das geringe Lohnniveau der Selbständigen: Wer als Selbständiger ausschließich oder zum überwiegenden Teil für einen einzelnen Auftraggeber beschäftigt ist, der ist schnell Scheinselbständigkeit. Das bedeutet, dass ein Arbeitnehmer als selbständiger Unternehmer auftritt, obwohl er von der Art seiner Tätigkeit her eher einem abhängig Beschäftigten ähnelt.

Zu diesen Auftaggebern zählen auch Agenturen, die Arbeitskräfte vermitteln, ohne eine Arbeitnehmerüberlassungsgenehmigung vorweisen zu können. Denn dann müssten sie die von ihnen vermittelten Arbeitskräfte in einem geregelten Beschäftigungsverhältnis anstellen. Ausführlichere Informationen zum Themenkomplex „Scheinselbständigkeit und Arbeitnehmerüberlassung“ gibt es im nächsten Teil unserer Serie. Denn aktuell hat es den Anschein, als würden die Staatsorgane etwas genauer hinschauen und die Hausdurchsuchungen im süddeutschen Raum Ende 2011 waren allem Anschein nach nur der Anfang.

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Über Falco Zanini

Seit 1980 ist Falco Zanini bereits in der Veranstaltungsbranche tätig. Er begann als Stagehand im damals größten Live-Club Deutschlands, der Rotation in Hannover. Schnell stieg er zum Crewchef auf und entdeckte seine Vorliebe für Personalarbeit, Organisation und Koordination. Nach einer Reise durch fast alle Gewerke und Tourneen quer durch Europa führte er von 1994 bis 2001 einen der größten Personallogistikanbieter in Deutschland. Während dieser Zeit war er maßgeblich an der Professionalisierung dieser Dienstleistung beteiligt.

Nach der Fortbildung zum Betriebswirt IHK schloss er außerdem als Meister für Veranstaltungstechnik (Bühne/Studio) ab. Zusätzlich verfügt er u.a. über die Qualifikation als Fachkraft für Arbeitssicherheit. In seiner täglichen Arbeit vereint er dieses Wissen bei Veranstaltungen aller Art als Verantwortlicher für Veranstaltungstechnik, Koordinator, technischer Leiter und Berater. Ebenso erstellt er ganzheitliche Sicherheitskonzepte und betreut Firmen der Branche nach den gesetzlichen Anforderungen im Arbeitsschutz mit Augenmaß.

www.falco-zanini.de

Interview: Markus Wilmsmann