VPLT fordert Korrekturen am Konjunkturpaket

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Aus Sicht des Verband für Medien- und Veranstaltungstechnik e.V. (VPLT) sind die bisher beschriebenen Maßnahmen nicht ausreichend, um die tiefgreifenden Umsatzverluste der betroffenen Unternehmen und selbständigen Einzelunternehmer aufzufangen. Die Veranstaltungsbranche hat eine wirtschaftliche Krise in diesen Dimensionen noch nie erlebt. Ohne mehr Maßnahmen und finanzielle Unterstützung, wie zum Beispiel Überbrückungshilfen, steht diese Branche vor dem Aus.

Konjunkturpaket greift zu kurz

Die Details des aktuellen Konjunkturpakets der Bundesregierung sind inzwischen bekannt. Neben vielen volkswirtschaftlichen Maßnahmen möchte sie darin zwar ausdrücklich auch die Unternehmen der Medien- und Veranstaltungsbranche unterstützen. Ihr Sonderprogramm einer „Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen, die ihren Geschäftsbetrieb im Zuge der Corona-Krise ganz oder zu wesentlichen Teilen einstellen müssen“ greift aus Sicht des VPLT jedoch viel zu kurz.

Die Ergebnisse aus dem Koalitionsausschuss vom 3. Juni 2020 zum Konjunkturpaket enthalten zahlreiche Eckpunkte, die für Unternehmen und SEU der Veranstaltungsbranche relevant sind. Diese Maßnahmen sind daher ein erster guter Ansatz. Lobenswert ist darin zudem der Satz: „Insbesondere Unternehmen der Veranstaltungslogistik, des Catering und der Veranstaltung von Messen sind ebenso wie Schausteller, Clubs und Bars nach wie vor von weitreichenden Schließungen, unter anderem aufgrund des Verbots von (Groß-)Veranstaltungen, betroffen.“ Der VPLT hatte in einem Gespräch mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie bewusst feststellen lassen, dass die Regierung mit dem eher diffusen Begriff „Veranstaltungslogistik“ explizit auch die Tätigkeitsfelder in der Branche für Medien- und Veranstaltungstechnik einschließt. Gut ist auch, dass sie die gemeinsamen Forderungen zusammen mit BDA und DGB erfüllt, um wichtige Ausbildungsplätze zu sichern.

Fehlende Perspektive für die Branche

Das Problem: Diese Maßnahmen sind nach wie vor nicht dafür geeignet, die tiefgreifenden Umsatzverluste in der Branche seit Mitte Februar 2020 aufzufangen. Außerdem macht die begrenzte Laufzeit der Maßnahmen bis Ende August 2020 deutlich, dass die Politik die Perspektivlosigkeit unserer Branche noch immer nicht verstanden hat.

Wichtig ist angesichts zahlreicher drohender Insolvenzen und des Verlustes von Arbeitsplätzen, Unternehmen und ihren Mitarbeitern stattdessen eine Überlebenschance zu bieten. Auch die Großunternehmen in der Branche benötigen Unterstützung. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Bundesregierung mit den Ländern in den nächsten Tagen folgende Maßnahmen umsetzen, die sich am aktuellen Konjunkturpaket orientieren:

Überbrückungshilfen

Für Unternehmen

  • Es muss klargestellt werden, dass die Überbrückungshilfen auch für Großunternehmen in der Veranstaltungsbranche gelten
    (Definition nach 2003/361/EG = ≥ 250 Beschäftigte und entweder einen Jahresumsatz von mindestens 50 Millionen Euro erzielen oder deren Jahresbilanzsumme sich auf mindestens 43 Millionen Euro beläuft).
  • Die Bemessungsgrundlagen bei den Beihilfen für Fixkosten müssen erhöht werden. Die Überbrückungshilfe muss einen Anteil erstatten in Höhe von:
    • 100 Prozent der Fixkosten bei mehr als 70 Prozent Umsatzeinbruch,
    • 70 Prozent der Fixkosten bei Umsatzeinbruch zwischen 50 und 70 Prozent,
    • 60 Prozent der Fixkosten bei Umsatzeinbruch zwischen 40 und unter 50 Prozent im Fördermonat im Vergleich zum Vorjahresmonat.
  • Es darf keine Höchstbeträge (9.000/15.000/150.000 Euro) geben. Ausschlaggebend muss stattdessen eine genaue Prüfung des tatsächlichen Bedarfs für die Berechnung der Fördersummen sein. Einen Nachweis des Bedarfs durch Wirtschaftsprüfer und Steuerberater ist ohnehin vorgeschrieben.
  • Personalaufwendungen (Ziffer 12), die nicht von Kurzarbeitergeld erfasst sind, müssen pauschal mit 25 Prozent der Fixkosten der Ziffern 1 bis 10 gefördert werden.
  • Die Veranstaltungsbranche braucht die Zusicherung der Regierung, dass sie sie langfristig unterstützt, inklusive der Chance, die Geschäftstätigkeit im vollen Umfang wieder aufzunehmen. Nur dann kann sie wieder eine wirtschaftliche Perspektive für die Zukunft entwickeln. Der Zeitplan eines „Hochfahrens der Veranstaltungsbranche“ sowie Details mit den beteiligten Verbänden müssen besprochen, abgestimmt und bundesweit empfohlen werden.
  • Ein Konjunkturprogramm „Veranstaltungsbranche 2021-2022“ ist außerdem zu empfehlen.

Der VPLT schlägt vor, dass die Bundesregierung darüber hinaus in die Veranstaltungsbranche investiert, um die Gesamtwirtschaft sinnvoll anzukurbeln. Institutionen beim Bund, in den Ländern und in den Kommunen können zum Beispiel durch Veranstaltungen den direkten Dialog mit den Bürgern aufnehmen. Sie helfen, aktuell drängende wirtschaftliche und politische Themen in ganz unterschiedlichen Veranstaltungsformaten zu präsentieren. Die Regierung fördert dabei gezielt die Unternehmen der Veranstaltungsbranche mit öffentlichen Mitteln und diese profitieren von einer dringend notwendigen Konjunkturspritze, die vielen Firmen das Überleben und zugleich viele Arbeitsplätze sichert.

Für SEU

  • Die Liste der förderfähigen Fixkosten muss erweitert werden, zum Beispiel laufende Kosten für Steuerberater, Bürobedarf oder weitere Betriebskosten.
  • Unterhalt beziehungsweise Unternehmerlohn müssen bei den Beihilfen berücksichtigt werden. Die Agentur für Arbeit mag eine „Grundsicherung“ ermöglichen. Diese sichert aber keine „Unternehmerstrukturen“ bei den Selbstständigen. Im Sondergutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vom 22. März 2020 hieß es: „Erstens sollten unternehmerische Kapazitäten über den konjunkturellen Einbruch hinweg möglichst erhalten werden.“ Eine Beihilfe dieser Art könnte in Form einer Erwerbsausfallverordnung – wie schon vom VPLT gefordert – geregelt werden.

Keine Überlebenschance ohne zusätzliche Hilfen

Die Veranstaltungsbranche hat eine wirtschaftliche Krise in diesen Dimensionen noch nie erlebt. Ohne eine Nachbesserung des Konjunkturpakets haben viele Unternehmen in der Branche für Medien- und Veranstaltungstechnik keine Chance zu überleben. Die behördlichen Einschränkungen kommen nach wie vor einer Art „Verbot“ ihrer geschäftlichen Tätigkeit gleich. Kein Unternehmer nimmt unter diesen extremen Rahmenbedingungen zudem wie sonst üblich Kredite auf, wenn es für ihn weder zeitliche noch marktbezogene Perspektiven auf Umsätze gibt. Die Veranstaltungsbranche hat jahrzehntelang für wirtschaftliches Wachstum in der Bundesrepublik Deutschland gesorgt. Nach der am 15.06.2020 vorgelegten R.I.F.E.L.-Studie lag ihr bisheriger jährlicher Umsatz um die 130 Milliarden Euro im Jahr. Ohne eine „Veranstaltungslogistik“ aber, die Grundvoraussetzung für Veranstaltungen ist, wäre sie zukünftig nicht mehr funktionsfähig.

Der VPLT appelliert daher dringend an die Bundesregierung und die Länder: Unterstützen Sie die Veranstaltungsbranche. Verteidigen Sie ihren dritten Platz im weltweiten Ländervergleich in Bezug auf gesamt- wirtschaftliche Bedeutung. Und sichern Sie hierzulande auf diese Weise Millionen von Arbeitsplätzen.

Einordnung/Vergleich der gesamtwirtschaftlichen Auswirkung der Veranstaltungsbranche weltweit.

DIE GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER VERANSTALTUNGSBRANCHE; Studie im Auftrag der IGVW – Interessengemeinschaft Veranstaltungswirt- schaft; R.I.F.E.L. – Research Institute for Exhibition and Live-Communication; Seite 16; Berlin, 15.06.2020; Quelle: EIC Events Industry Council

► Hier die Metastudie des Research Institute for Exhibition and Live-Communication downloaden