Seit den 90ern lässt die Time Warp einmal im Jahr den Boden des Mannheimer Maimarktgeländes erzittern. Direkt gegenüber der SAP-Arena gelegen, können die rund 15.000 Besucher auf sechs Floors von Ostersonntag auf -montag fast 19 Stunden am Stück feiern.
Damit keine Langeweile aufkommt, wartet der Veranstalter Cosmopop jedes Jahr mit einem grundlegend neuen Veranstaltungsdesign auf. Dies betrifft vor allem die beiden Hauptbereiche Floor 1 und 2 in der zentralen Maimarkthalle, die lediglich durch großflächigen Molton separiert sind. Für 2015 setzten Cosmopop um den Technischen Leiter Anatol Fried sowie Dirk Harder, mit seiner Firma ProductionSupport für den Video-Bereich zuständig, auf die Kombination aus kompakter Club-Atmosphäre und weitläufigem Videodesign.
Ein Himmel voller Video
Beide Floors werden von zentral hinter den DJ-Bühnen platzierten Videowänden aus 240 bzw. 200 Modulen LEDitgo sB3 (Pixel Pitch: 3 mm) dominiert. Mit Abmessungen von 11,5 x 4,8 m bzw. 9,8 x 4,8 m erreicht der größere der beiden Screens eine Auflösung von 3.072 x 1.280 Pixeln. Während der mit einem ausladenden Mesh abgehängte Floor 2 keine weiteren Videoelemente beherbergt, dominieren die an Traversenbögen montierten Mirage-20mm-Screens von Clay Paky den Floor 1. Neben dem schnellen Handling spielte auch der Gewichtsfaktor eine nicht unerhebliche Rolle bei der Auswahl der Systeme. „Beide Panels – sB3 und Mirage – sind extrem leicht”, so Dirk Harder von ProductionSupport.
360 Mirage-Elemente von Clay Paky wurden in Floor 1 verbaut (© A. Cevolani)
Bespielt werden die Screens mit individuellem Full-HD-Content der VJs der jeweiligen Künstler, die im Vorfeld mit einem Mapping für die Anpassung des Contents versorgt werden. „Wir haben das Videosystem so einfach wie möglich gehalten, um auf individuelle Wünsche der VJs reagieren zu können”, erklärt Dirk Harder. Um flexibel zu bleiben, wurden 24 Glasfaser-Kanäle für das Tunneling von Netzwerk und Video hin zur Bühne verlegt. Als Zuspieler kommen hauptsächlich die VJ-Software-Produkte Resolume und Modul8 zum Einsatz – in seltenen Fällen bringen die VJs ihr eigenes Medienserver oder Watchout-System mit. Weitere Sonderwünsche erfordern hingegen den Einsatz von zusätzlichem Equipment. So installierten die Veranstalter eigens für den US-Act “Dubfire” zwei Projektoren vom Typ Panasonic PT-DZ21K auf Floor 2, um mittels Rückprojektion eine halbdurchsichtige Gaze zu bespielen.
Group Buying – Maßgeschneiderte Produkte
Dirk Harder (© A. Cevolani)Die Entscheidung zum Kauf der LEDitgo-Systeme hatte für Dirk Harder von ProductionSupport mehrere Gründe: Neben dem deutschen Engineering sowie dem deutschen Vertrieb existiert ein so genanntes Group Buying, bei dem sich mehrere Firmen zusammenschließen, ihren jeweiligen Bedarf an bestimmten Produkte abschätzen und diese letztendlich gemeinsam kaufen.
„Der Markt ist aus kaufmännischer Sicht sehr eng gestrickt, so dass es bei hochwertigen Produkten nicht einfach ist, den ROI (Return on Investment) zu treffen und gewinnbringend zu arbeiten”, so Dirk Harder.
Mittels Group Buying können die beteiligten Firmen nicht nur ihre jeweiligen Anforderungen an Produkte besser abdecken und Unterdeckung bei größeren Projekten durch Cross-Rental-Aktionen auszugleichen, sondern von Anfang an Einfluss auf eine zweckdienliche Produktentwicklung nehmen. „Da jede einzelne Firma ihre eigenen Anforderungen mit einbringen kann, werden sämtliche Faktoren, wie Gewicht, Modulgröße, Helligkeit, Verkabelung etc., soweit optimiert, dass alle beteiligten Firmen in ihrem Anwendungsbereich perfekt damit arbeiten können”, erläutert Dirk Harder die praktischen sowie kaufmännischen Vorteile des Group Buyings.
Als aktuelles Beispiel dienen die neuen sB8-Module von LEDitgo, von denen in naher Zukunft 1300 qm in Deutschland vorhanden sein werden. Auch die bereits im Einsatz befindlichen Varianten sB3 und sB6 sind auf diese Weise entstanden.
Auch die Deckendeko von Floor 2 weiß zu gefallen (© A. Cevolani)
Von Mannheim in die weite Welt
Neben der Mannheimer Time Warp-Ausgabe durften bereits diverse andere Städte in den Genuss des renommierten EDM-Events kommen, darunter Utrecht, Mailand, New York und Buenos Aires. Auch 2015 zieht es die Produktion noch nach Holland, Brasilien und in die USA. Als Technischer Leiter international verantwortet Anatol Fried von Cosmopop die Umsetzung des homogenen Showdesigns für sämtliche Events. Je nach Location wird die Produktion entsprechend angepasst und auf die Hallengröße sowie den Markt angepasst.
„Unabhängig davon versuchen wir immer, die mindestens einen der jährlich wechselnden Signature-Floors überall umzusetzen. Das hängt dann von den baulichen Bedingungen der Locations ab”, so Anatol Fried. Natürlich ist die Time Warp nicht mit einer Rock’n’Roll Show vergleichbar, die back-to-back über einen größeren Zeitraum stattfindet, sondern nur wenige Male im Jahr für jeweils einen Tag gebaut wird. Je nach Land bzw. Transportmöglichkeiten wird somit mehr oder weniger Material mitgenommen und vor Ort zugemietet.
„In Deutschland ist das Material wesentlich günstiger einzukaufen, vor allem wenn man Qualität vs. Preis rechnet”, erklärt Anatol Fried. Zudem sei die Verfügbarkeit bestimmter Produkte bzw. Marken in anderen Ländern nicht vergleichbar gegeben. „Da musst du dann nehmen, was kommt.”
Mit einer Größe von 11,5 x 4,8 Metern erreicht der Screens von Floor 1 eine Auflösung von 3.072 x 1.280 Pixeln. (© A. Cevolani)
Sicherheit international
Wenn eine Produktion international unterwegs ist, kommt sie mit unterschiedlichen Sicherheitsbestimmungen in Berührung. Davon weiß Anatol Fried ein Lied zu singen. So herrsche in Italien beinahe schon eine Überregulierung – vom Nachweis der CE-Zertifizierungen über die Planung und Abnahme der Stromkreise durch einen externen Fachmann bis zur baulichen Abnahme. Das endgültige Go gibt es in der Regel erst am Tag der Veranstaltung.
Während die Time Warp in den europäischen Spielstätten meist mit Trailern und dem gleichen Dienstleister-Team unterwegs ist, greift der Veranstalter Cosmopop in Buenos Airesauf einen lokalen Partner zurück, der sich um sämtliche Genehmigungen und Abnahmen vor Ort kümmert. Zudem seien die Sicherheitsvorgaben in Brasilien nicht vergleichbar streng reguliert wie in Europa. Doch auch im EU-geregelten europäischen Raum unterscheiden sich die Sicherheitsbestimmungen, beispielsweise bei der Sicherung von Kettenzügen oder Scheinwerfern im Rig.
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Alexander CevolaniÜber den Autor:
Alexander Cevolani arbeitet als freiberuflicher Journalist und Redakteur im Bereich Veranstaltungstechnik und Musikproduktion.