Lichttechnik und Beschallung beim Sommernachtskonzert

Das Sommernachtskonzert der Wiener Philharmoniker im Schlosspark Schönbrunn ist ein weltweiter TV-Fixstern der Kultur- und Klassikszene. In über 80 Länder überträgt der ORF jährlich das Sommernachtskonzert live aus Österreichs Hauptstadt. Und mit der Durchführung und Finanzierung der Sommernachtskonzerte in den Jahren 2020 und 2021, selbst in diesen schweren Pandemie-Zeiten mit deutlichen Einnahmeverlusten, haben die Wiener Philhamoniker damit einen einmaligen Beitrag für Klassik- und den Veranstaltungsbereich geleistet.

Das Musikrepertoire von Orchester und Solisten wird durch die Melange mit der dortigen Veranstaltungstechnik noch verstärkt. Auch die Illuminationskunst vom Lichtdesigner-Team rund um Jerry Appelt trägt ihren Teil bei. So wird der Auftritt der Wiener Philharmoniker auch visuell zum Erlebnis.

Der komplette Schlosspark erstrahlt mit all seinen verspielten, barocken Facetten zur Musik. Um das weitläufige, einen Kilometer lange Areal vom Schloss bis hinauf zur Anhöhe mit seiner Gloriette zu inszenieren, braucht es ohne Frage viele motivierte Köpfe und technische Expertise. Neben dem Lichtdesign-Team arbeiteten weitere erfahrene Dienstleister und Crews direkt mit dem Event-Projektleiter der Wiener Philharmoniker Thilo Fechner sowie dem österreichischen Veranstalter Helmut „Zigo“ Mutschlechner (Ganzton) im Einklang. Und alle technischen Partnerfirmen und Dienstleister waren in diesen Zeiten mit spärlich gesäten Großevents froh um diesen Möglichkeit

Soundtechnisch betreut die Beschallung des Wiener Schlossparks dort seit Jahren die Firma Redline Enterprise. Auf der Bühne sorgt Bernhard Schmid von Schmidton für eine hochwertige Mikrofonierung und am FOH mischt Bernhard Schedelberger die Philharmoniker. Als technischer Dienstleister im Lichtbereich war Ralph Schrader (Ralph Schrader Lichttechnische Beratung, LIMA) dieses Jahr für das Konzert tagelang vor Ort, um das Lichtarsenal behutsam in jede denkmalgeschützte Ecke des Parks zu integrieren. Und auch Stageco war erneut für die Betreuung des Bühnenbaus ausgewählt. 2021 wurde die Besucherzahl Pandemie-bedingt auf lediglich 3.000 Besucher eingeschränkt, dennoch wurde das Bühnengeschehen und jeder Winkel des wunderschönen Parkareals mit glanzvoll inszeniert.

Breakdown des Lichtdesigns in Schönbrunn

Rund 1.200 Fixtures umfasste der Pool mit dem das Lichtdesign-Team rund um Jerry Appelt die Bühne, die markante Schlossfassade sowie das Schönbrunner Parkgelände mit seinen arabesken Rabatten und verspielten Säulen zum Leuchten brachten. Wie im Vorjahr waren unter anderem die GLP impression S350 Wash als Arbeitspferde für das Bühnengeschehen gesetzt: „Sie sind klein kompakt, haben Blenden-Schieber und eine sehr gute Qualität der Light-Engine“, resümiert Jerry Appelt im Video über die 76 GLP-Washer, die weiterhin noch von 20 ROBE ESPRITE als Front-, Vorder- und Spiellicht unterstützt wurden. Auch bei der Hinterlicht-Situation auf der Stage kamen GLP-Tools zum Einsatz: in Dreiergruppen wurden rund 60 impression X4 ins Rig gehängt, hinzukamen ca. 50 impression FR1 als nuancierte Einstrahler. Schicker Design-Eyecatcher waren einmal mehr die 39 markanten und eleganten Portman P1, die der Bühne ihren royalen, warmen Look gaben.

Die eindrucksvolle Bühne der Wiener Philharmoniker vor der historischen Schlossfassade.

Die seitlichen Stagedesign-Elemente von Bühnenbildner Hans Kudlich mit ihren überlappenden Lichtkästen kamen erneut zum Einsatz. Die flügelartigen Dekoelemente blieben identisch zum Vorjahr. Neben LED-Tapes kamen bei den Dekosets verschiedene Astera Tubes zum Einsatz. Es wurden 18 Helios, 18 Titan und 40 Hyperion verbaut, die alle jeweils im Single-Pixel-Mode liefen.

Die seitlichen Stage-Design-Elemente waren mit Astera Tubes bestückt, die im Single-Pixel-Mode liefen.

Bei der anspruchsvollen Ambiente-Beleuchtung waren im hohen Maße die wetterfesten Outdoor-Fluter SGM P-2, P-6 und natürlich der größere P-10 im Geländeeinsatz, um Fassade, Schlosswiesen und Blumenbeete in Farbwelten zu tauchten. Die angedeutete Säulenstruktur der Schlossfassade wurde mit 54 GLP impression X4 L Washlights prachtvoll akzentuiert. Kräftige Skybeamer durften nicht fehlen, in Vierergruppen wurden on-top ELATION Proteus Hybrid auf dem Schloss und auch auf den Balkonen für Air-Effekte und auch für Einstrahler gestellt.

ELATION Proteus Hybrid waren als IP65-Skybeamer installiert. Die wetterfesten ELATION Ryzor 760 wurden dagegen am Neptun-Brunnen und oben auf der Gloriette verteilt.

Als weitere IP65-Outdoor-Lampe gab der neue ELATION Rayzor 760 sein Debüt in Wien, der am Neptun-Brunnen und oben auf der Gloriette mit satten Farben überzeugte und dafür sorgte, dass sich die Technikteams die Doms an den erhöhten, eher windigeren Spots, sparen konnten.

Die neuen Martin MAC Ultra Performance wurden zusätzlich vor dem Schloss positioniert: „Wir sind wirklich angetan von der Intensität und der Abbildungsqualität der Gobos, erklärt Appelt zu seinen ersten Eindrücken und fügt an, „es ist erstaunlich, dass man dieses große Schloss mit zwölf Lampen sehr gut abfrühstücken kann.“

Schönbrunn als Canvas: 12 neue Martin MAC Ultra sorgten für kräftige Illumination und verzaubernde Gobos. Zusätzlich waren SGMs P-2, P-6, P-10 in allen Ecken des Schloss‘ verteilt.

Vom „Martin-Oldie“, dem MAC Viper, wurden dagegen 60 Stück in den Towern für Publikums-Vorder- und -Hinterlicht sowie Rabatten-Beleuchtung verwendet. Am zweiten Delay-Tower und im hinteren Bereich des Parks wurden zusätzlich leistungsstarke GLP Highlander Wash stationiert.

Neben den extrem weiten Kabelstrecken war die größte Herausforderung des Teams, bei den Technikaufbauten nichts vom historischen Weltkulturerbe zu beschädigen.

FOH Audio Engineer Bernhard Schedelberger beim Soundcheck an der Avid VENUE | S6L.

Umsetzung des Live-Klassiksounds

Redline Enterprise begleitet die Wiener Philharmoniker seit vielen Jahren im Audiobereich beim prestigeträchtigen Event. „Österreich hat im Sektor Klassik viel zu bieten und diese Veranstaltungen sind sehr gefragt. Nachdem Firmen-Events bei uns etwas weggebrochen sind, konzentrieren wir uns gerade mehr auf die Klassik“, erklärt Thomas Zöchling (Projektleiter der Beschallung), zur momentanen Neuorientierung in der schwierigen Pandemie-Zeit.

Trotz der natürlich etwas reduzierten Anforderungen aufgrund des eingeschränkten Publikumsrahmens waren die Line-Arrays an den Main-Towern der Bühne, die Delay-Tower und auch die Frontfills mit allen gängigen Komponenten der L-Acoustics-Modellreihen gespickt. „Wir haben haben hier einen Pool an 112 bis 120 Einzelkomponenten im Einsatz“, erklärt Zöchling. Und mit K1, K2, KARA, KILO und KIVA konnte man den Publikumsbereich perfekt abdecken.

Die L-Acoustics-Line-Arrays mit K1, K2 und KARA Bestückung sorgten für glanzvollen Klang. Zusätzlich kamen auch KILO und KIVA-Komponenten zum Einsatz.

„Mischpultseitig verwenden wir momentan das AVID VENUE | S6L mit 128 Kanälen und Input-seitig sind wir bei etwa 90 Kanälen angelangt“, fügt der Audio-Experte zu den Anforderungen an. An der AVID VENUE | S6L-32D-144 regelte als FOH und Tonmeister Bernhard Schedelberger das Orchester. Er wurde direkt von den Philharmonikern engagiert und genießt das Vertrauen des Ensembles, die philharmonische Soundwelt in das weite Parkareal zu übersetzten. Die AVID-Konsole ist dabei sein bevorzugtes Werkzeug. „Die Challenge ist sehr hoch hier, da es eine extrem hohe Kanalanzahl zu verwalten gibt. Bei circa 80 offenen Kondensator-Mikfrofonen und einem Flügel direkt an der Bühnenkante, gilt es die Feedback-Gefahr zu kontrollieren“, erklärt Bernhard Schedelberger zur Herausforderung für das Klassik-Event. Deswegen ist es enorm wichtig, schon beim Bühnenbau Trittschallebenen zu integrieren sowie auf das professionelle EQing der PA zu achten. Der Tonmeister fügt an: „Das S6L ist für diese Anwendung mein bevorzugtes Pult und es macht einen hervorragenden Job. Es hat einen extrem angenehmen Workflow, gerade für die Arbeit bei einer so hohen Kanalanzahl, da ich viel mit Gruppen arbeite. Ich kontrolliere meine VCA-Gruppen mit der Spill-Out-Funktion, bei der ich in höchster Geschwindigkeit sofort bei jedem Kanal sein kann Hinzukommen die AVID-Vorverstärker in 96kHz – alles klingt weich, seidig, offen.“

Die Signale erreichen unverfälscht und hochaufgelöst die Mixkonosole. Als Klangbearbeitungs-Effekte in der Avid S6L wurde hauptsächlich nur auf die dynamischen Active EQ Plug-ins von MAC DSP zurückgegriffen, des weiteren war Outboard-seitig für Reverbs noch Lexicon 960L im Einsatz. „Man muss aber auch sagen, dass hier die Summe der Einzelteile zu einem perfekten Ergebnis führt. Auch die L-Acoustics PA und die Schoeps-Mikrofonauswahl von Bernhard Schmid spielen beim angenehmen Sound mit“, rundet Schedelberger sein Statement ab.

Das weitläufige Park-Areal von Schönbrunn: eine Herausforderung für die Technik-Crews.

„Man spielt für 20 Leute genauso intensiv wie für 120.000“

Über die Jahre haben die Wiener Philharmoniker den hohen technischen Anspruch an die technische Live-Umsetzung des Konzerts immer weiter gesteigert – selbst in den schwierigen Corana-Zeiten. Und so ist das Sommernachtskonzert heute zum größten Klassik-TV-Live-Event avanciert. „Es ist unheimlich schön hier in Wien und das wollen wir zeigen“, fügt Thilo Fechner, Projektleiter des Events von den Wiener Philharmonikern, stolz hinzu. „Natürlich haben wir auch dieses Jahr versucht, in einem etwas kleineren Rahmen, auf Ästhetik zu setzen. Und wenn man erst auf der Bühne ist, spielt man für 20 Leute genauso intensiv wie für 120.000“, rundet Fechner, der selbst bei den Wiener Philharmonikern spielt, sein Statement zur Inszenierung in Schönbrunn ab.

Pandemie-bedingt war 2021 das Publikum auf 3.000 Gäste reduziert. Weltweit können Millionen Zuschauer das Konzert der Wiener Philharmoniker mitverfolgen.

Sommernachtskontzert: Beteiligte und Event-Technik-Teams 2021 (Auszug):

  • Orchester/Ensemble: Wiener Philharmoniker
  • Dirigent: Daniel Harding
  • Solist: Igor Levit (Klavier)
  • Projektleitung Wiener Philharmoniker: Thilo Fechner
  • Organisation/Veranstalter: Zigo Mutschlechner, Anneliese Pontiller (Ganzton)
  • Lichtdesign & DOP: Jerry P. Appelt, Jerry Appelt Lichtdesign
  • Lichtdesign-Crew: Manfred Nikitser (Lighting Director und Licht-Operator), Otto Schildknecht und Markus Ruhnke (Weißlicht-Operator), Dirk Hämmerling (Gaffer), Roberto Berkenbrock (Oberbeleuchter, ORF) 
  • Technische Durchführung Beschallung: Redline Enterprise
  • Audio-Crew: Thomas Zöchling (Systemtechnik), Bernhard Schedelberger (FOH), Wolfgang Schiefermair
  • Mikrofonie auf der Bühne, Signal-Routing: Bernhard Schmid, Schmidtton
  • Technischer Dienstleister Lichttechnik: Ralph Schrader Lichttechnische Beratung / LIMA
  • Bühne: Stageco
  • Stage Design Elemente / Deko: Prof. Hans Kudlich