„Pink Floyd ist eine Herausforderung am Pult“

Die bombastische Show von Pink Floyd mit moderner Technik neu umgesetztAm 18. April stand ein Besuch bei „The Australian Pink Floyd  Show“ (TAPFS) in Köln auf dem Programm – eine Coverband. Allerdings eine, die rund um den Globus tourt und in der Lanxess-Arena gastiert. Zugegeben: die Skepsis war groß. Mehr als das. Aber die Band tourt mit Colin Norfield am FOH. Der Colin Norfield, der schon für den Sound der Division-Bell-Tour von Pink Floyd zuständig war und dessen Credit-Liste mehrere Seiten füllt. In der Lanxess-Arena wurde EventElevator von einer gut gelaunten und sehr entspannten Crew empfangen. Colin Norfield empfing uns Bass spielend auf der Bühne zum Interview.

EventElevator: Colin, wie ist es zur Zusammenarbeit mit der Australian Pink Floyd Show gekommen?

Colin Norfield: Ich hatte mit dem Tourmanager Kevin Hopgood auf der Tour von Toto gearbeitet, bevor er mit TAPFS auf Tour gegangen ist. Er hat mich damals gefragt, ob ich Lust hätte mitzukommen. Da ich sehr auf die Musik von Pink Floyd stehe, wenn die Band gut ist – und  TAPFS machen ihre Sache sehr gut – hatte ich große Lust darauf. Colin Norfield an der DiGiCo D5TPink Floyd ist eine Herausforderung am Pult, es ist nicht wie eine Vier-Mann-Rock’n Roll-Band, die Du einfach gehen lassen kannst. Die Musik gibt Dir viel Raum, um damit zu arbeiten, aber gleichzeitig fordert sie Dich auch. Bei Pink Floyd geht es immer darum, bestimmte Räume zu kreieren. Gleichzeitig ist die Musik extrem dynamisch und gleicht einer Achterbahnfahrt, die Du am Pult unterstützen musst. Ich bin kein Verfechter der Maxime, dass alles laut sein muss. Wenn ein Song „punchy“ ist, musst Du das rüberbringen, wenn es leise, intime Momente sind, lass es leise und intim sein. „Sorrow“ zum Beispiel, war niemals ein leiser Song, die Subs des Keyboards lassen die Jeans flattern, so war der Song gedacht und das muss dann auch über die PA entsprechend transportiert werden. Trotz allem bin ich ein Mischer, der möchte, dass Sound auf einem Konzert angenehm ist, der Musik entspricht und den Besuchern den Abend beschert, den Sie sich wünschen.

„Wenn wir mal ehrlich sind, war Oasis nichts anderes als eine laute Pub-Band“

Natürlich darf auch das Schwein nicht fehlenEventElevator: Mit der vier Mann Rock’n Roll Band meinst Du bestimmt Oasis, die Du auf vielen Touren begleitet hast?

Colin Norfield: Genau das ist es. Wenn wir mal ehrlich sind, war Oasis nichts anderes als eine laute Pub-Band. Aber eine verdammt gute Pub-Band. Die Show musste also laut und „punchy“ sein. Durchgehend. Nicht mehr, nicht weniger. Die Band wollte es, das Publikum wollte es, also war es so.  Da ist der „Wall of Sound“ gewünscht, den Du als Mischer verstehen und vermitteln musst. Da kommt es nicht auf eine Dynamik im Mix an, bis auf ein paar Ausnahmen natürlich ,wie „Wonderwall“ zum Beispiel. Aber auch hier bei TAPFS kommen manchmal Menschen ans Pult, die sich die Show ansehen, weil sie vielleicht gerade mal „Another Brick in the Wall“ kennen und sich jetzt beschweren, dass es zu laut ist. Ich versuche Ihnen dann zu vermitteln, dass es nicht immer laut ist, sondern auch seine sehr ruhigen, intimen Phasen hat. Andere Beispiele sind natürlich Herbert Grönemeyer und Peter Maffay, die ich schon seit langen betreue. Da bist Du als Mischer wieder im Positiven gefordert. Das macht richtig Spaß.

„Ob ich phasengetreu bin oder nicht, ist mir eigentlich vollkommen egal, solange es mich meinem Ziel näherbringt“

EventElevator: Wie gehst Du beim Mix vor?

Colin Norfield: Ich beginne meistens mit den lautesten Parts der Show, um das obere Ende der Dynamik zu erreichen. Dann zum leisesten Part der Show, um zu sehen, wie groß der dramaturgische Bogen wird, den die Band spannen wird. Zwischen diesen Extremen wird dann die Show gestrickt. Ich habe da keine konkrete Vorgehensweise. Ich spreche vorher mit dem Künstler und höre mir die Musik an, damit ich verstehe, um was es geht. Ich bin kein sehr technischer Mischer, sondern starte nach dem Line-Check des Monitor-Mixers mit dem lautesten Song und lasse die ganze Band spielen. Ich habe da keine Vorgehensweise, wie man es so oft sieht mit Kick auf -10db, dann Snare etc. Ich versuche das Gesamtbild zu sehen. Die Finger müssen das umsetzen, was Du gerade siehst, empfindest und hörst. Alle, die was anderes erzählen, können mich mal. Ich hatte mal Besuch von einer Gruppe, die frisch von der Schule kamen und mich nach Kompressor-, Gate- und EQ-Einstellungen gefragt haben. Das war noch lange, bevor es digitale Technik gab. Ich konnte Ihnen nur sagen, dass sie die Funktionsweise der einzelnen Geräte bestimmt viel besser kennen als ich. Ich nutze die Technik als Werkzeug, um bestimmte musische Ziele und Stimmungen zu erreichen. Ob ich phasengetreu bin oder nicht, ist mir eigentlich vollkommen egal, solange es mich meinem Ziel näherbringt. Dabei hilft mir meine Erfahrung, die ich als Bassist in diversen Bands hatte. Vor vielen Jahren (lacht). Ich bin bis heute immer als Musiker und nicht als Techniker an meine Aufgabe als Mischer herangegangen.

J-Serie von d&b als Mainhang mit Q als OutfillEventElevator: Kannst Du uns etwas zu Deinem Setup erzählen?

Colin Norfield: Ich mische hier auf einem D5T von Digico. Das SD7 wäre mir lieber gewesen, aber das D5 stand im Lager und war wohl günstig zu haben. Mischen kann ich auf beiden. Ich bin oft angesprochen worden von anderen Herstellern, die immer gesagt haben, ich soll doch mal dies und das probieren. Aber dafür bin ich zu alt (lacht). Ich kenne mich auf den Pulten aus und sie klingen großartig. Sicherlich sind die anderen Pulte auch toll, aber mir jetzt noch andere Philosophien und Arbeitsweisen anzulernen, ist nicht mehr mein Ding. Zum Glück bin ich in der Lage über solche Entscheidungen im Rider zu bestimmen. Die PA ist mir fast egal. Die meisten klingen heutzutage phantastisch, wie hier das J-System von d&b mit zwei Q-Systemen als Outfill. Ich arbeite aber auch gerne mit Systemen von Meyer Sound und L-Acoustics. Die neuen Turbosound-Systeme sind auch phantastisch. Wir hatten die Turbosound Aspect Boxen bei den letzten Shows von David Gilmour, da David Line-Arrays nicht mag. Aber viel wichtiger ist ein Systemtechniker, der die Lautsprecher richtig zum spielen bringt und das System nach Deinem Geschmack einrichtet. Du musst Dich auf Deinen Systemtechniker verlassen können. Er ist neben der Band der wichtigste Partner, den Du auf einer Tour hast. Hier auf der Tour habe ich das Glück, mit John Brooks zu arbeiten, der mir die Arbeit stark erleichtert. Nach der einwöchigen Probephase haben wir uns aufeinander abgestimmt und ergänzen uns sehr gut.

EventElevator: In Deinem Outboard-Rack befinden sich drei SPX 990 und ein TC D2?

Colin Norfield: Ja, ich mag die alten Effektgeräte unglaublich gerne! Jeweils ein SPX 990 für die Drums, die Vocals und sonstige Räume und Spezial-Effekte. Die meisten Delayeffekte kommen über das D2 von TC. Eine unschlagbare Kombination. Leider haben wir in Köln heute kein QuadSurround am Start. Das macht schon Spaß, bestimmte Flächen der Keyboards und Hallräume darüber zu schicken. Die Outboard-Kompressoren und Gates habe ich auf dieser Tour nur aus nostalgischen Gründen im Rack.

Systemtechniker Jonathan Brooks über seine Arbeit bei TAPFS

EventElevator: Jon, wie ist es mit Colin zu arbeiten?

Jon BrooksJon Brooks: Colin ist großartig! Wir haben ungefähr eine Woche am System gefeilt, bis er damit zufrieden war. Speziell bei den Bässen haben wir stark an der Abstimmung gearbeitet. Man arbeitet nicht oft mit jemandem zusammen, der B2- und C4-Subs in einem Setup verwendet. Alle Delays und Phasen werden direkt an den D12-Amps von d&b über das R1 Remote-Programm eingestellt. Mein Ipad greift per VNC auf den Laptop mit der R1-Software zu, beim Systemcheck kann ich mich also frei bewegen. Colin bekommt  meistens ein System ohne EQ’ing übergeben, dass er dann mit einem 31-Band-Graphik-Eq nach seinem Geschmack bearbeitet. Von da aus geht es in einen  parametrischen Equalizer von Klark Teknik, von dem ich aus noch eingreifen könnte, falls in einem Band akuter Bedarf besteht. Das kommt aber selten vor. Dahinter erfolgt die Signalverteilung über einen Midas XL 88 Matrix-Mischer. Aus der Stereosumme wird ein Mono-Feed für die beiden Outfills erstellt. Die Subs werden per Aux-Summe vom Pult ebenso über den Midas XL 88 gefahren. Die J- und die Q-Systeme werden vor jeder Show im Array-Calc-Programm berechnet und dementsprechend geriggt. Das ist das Erste, was ich morgens in der Halle mache. Zudem läuft noch SysTune mit, falls mal etwas außergewöhnliches sein sollte. Manchmal schaue ich auch in der Show darauf, falls ich nicht einschlafe… Wir versuchen, alles so einfach wie möglich zu halten, um Fehlerquellen zu vermeiden. Keep it simple, keine geteilten Headamps zwischen Monitor und FOH, analoges Signalprocessing im Master und der Signalverteilung, externe Effekte und so weiter.

Fazit

Um es kurz zu machen: der Sound war richtig gut. Die Band ist besetzt mit fähigen Instrumentalisten, die Pink Floyd nicht nur einfach nachspielen , sondern auch interpretieren können. Colin Norfield ist die richtige Besetzung am Pult und hat es geschafft mit seinem Systemtechniker Jon geschafft, in der Kölner Lanxess-Arena den Sound der Halle  zu bändigen. Es ist wohl kein Zufall, dass Bands wie Pearl Jam, Pink Floyd, Toto oder Performer wie David Gilmour diesem Mann vertrauen. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen mit Colin auf der Grönemeyer-Tour, bei Peter Maffey oder 2013, wenn „The Australian Pink Floyd Show“ in deutschen Hallen das 40jährige Jubiläum des Albums „Dark Side of the Moon“ zelebriert.

www.aussiefloyd.com

Autor: Oliver Kilian