Philips und die Patente

© Philips Philips Tower in Hamburg

Es herrscht Unruhe bei den Beleuchtungsherstellern in der Veranstaltungsbranche: Seit einiger Zeit ist der weltweit agierende Elektronikriese auf Rundreise nicht nur zu deutschen Unternehmen, die in ihren eigenen oder im Vertriebsprogramm befindlichen Produkten LED-Technik verwenden, an denen Philips Patente hält. Beworben wird die Aktion mit einer Stärkung der Partnerschaft. EventElevator wollte es genauer wissen.

Philips – ein stolzes Unternehmen mit leuchtender Vergangenheit und heute einer der weltgrößten Elektronikkonzerne mit Sitz in Amsterdam. In über 60 Ländern arbeiten circa 116.000 Mitarbeiter. Im Jahr 2008 wurde ein Umsatz von 26 Milliarden Euro erzielt.“ Der Philips-Konzern ist in drei Sparten aufgeteilt: Lichttechnik, Medizintechnik sowie Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräte, die Wurzeln des Unternehmens liegen in der Lichttechnik: 1892 begann Gerard Philips im niederländischen Eindhoven mit der Produktion von Glühlampen.

Patente – Schätze der Neuzeit

Neben dieser glorreichen Unternehmensgeschichte verfügt Philips aber noch über einen anderen Schatz: Patente. Allein in der Beleuchtungssparte bietet Philips ein Portfolio zur Lizensierung von LED-Leuchten und Retrofit-Leuchtmitteln an, das mehr als 220 Patentfamilien, 640 bestehende sowie angemeldete 700 Patente umfasst. Nicht alle patentierten oder zum Patent angemeldeten Technologien stammen dabei von Philips selbst, gerne werden Firmen hinzugekauft oder Joint Ventures mit anderen Unternehmen eingegangen: 1999 gründete Philips Lighting mit Agilent das Joint-Venture Lumileds. Lumileds hat sich schnell zu einem führenden Hersteller von Leuchtdioden für Beleuchtungszwecke entwickelt. Der nächste große Coup im Beleuchtungs-Sektor erfolge 2007: Damals übernahm Philips das US-amerikanischen Unternehmen Color Kinetics und das kanadische Unternehmen TIR Systeme. Beide Unternehmen sind Hersteller von LED-Leuchten. In fast allen LEDs, die heute verkauft werden, steckt von Technik, an denen Philips Patente hält.

Doch das genügt Philips noch nicht: Seit etwa zwei Jahren werden Hersteller von LED-Scheinwerfern, die Komponenten von Philips in ihren Geräten verwenden, dazu aufgefordert, ein Lizenzabkommen zu unterzeichnen und im Zuge dessen weitere Gebühren an Philips zu entrichten.  Die zur Lizenz angebotenen Patente beziehen sich dabei nicht auf die LED als solche, sondern auf deren Steuerung bzw. Integration in LED-Leuchten. Philips beschreibt dieses Vorgehen als Angebot einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit. Philips fordert nun also Hersteller von LED-Scheinwerfern auf, zusätzlich zum Kaufpreis für die erworbenen Komponenten eine Lizenzgebühr zu entrichten. Dieses Vorgehen wirft bei näherer Betrachtung einige Fragen auf:

Nach welchen Kriterien werden die Partner ausgewählt?

Die Patentgebühr wird nicht ausschließlich von den Herstellern eingefordert, sondern auch von Groß- und Zwischenhändlern, wenn sie Auftraggeber sind und unter eigenem Namen verkaufen. Es wird also der Inhaber der Namensrechte finanziell belangt und folglich in vielen Fällen ein europäisches Unternehmen und nicht der chinesische Produzent. Wie ist diese Vorgehensweise begründet? Philips liefert folgende Erklärung: „Am Markt ist nicht ersichtlich, wer welche Produkte hergestellt hat. Die Markeneigentümer, die LED-Leuchten vertreiben, sind als solche für alle Marktteilnehmer erkennbar und aus Gründen der Transparenz wendet Philips sich ausschließlich an diese. Dabei ist es ausdrücklich nicht die Absicht von Philips, dass verschiedene Firmen für ein und dieselbe Leuchte mehrmals eine Lizenz bezahlen. Auf der Webseite von Philips wird eine aktuelle Liste der Lizenznehmer publiziert, so dass alle Marktteilnehmer wissen, woran sie sind.“

Wie werden die Patentgebühren berechnet?

Die Patengebühren werden prozentual nach dem Preis des fertigen Produkts berechnet. Wie fließen in diese Berechnung andere geistige Leistungen ein, beispielsweise aus dem Bereich der Mechanik? Denn einen genauen Schlüssel, welchen Anteil am Produkt andere im Gerät verwendeten Verfahrensweisen haben, beispielsweise die Mechanik, gibt es nicht. Auch hierfür bietet Philips eine Erklärung: „Es ist üblich, dass bei Patentbenutzung die Lizenzgebühr im Bezug auf das Endprodukt berechnet wird, insbesondere da die zur Lizenz angebotenen Patente nicht einzelne Komponenten wie z.B. die LEDs schützen, sondern das Zusammenspiel verschiedener Komponenten in einer Leuchte.“

Werden alle Betroffenen gleichermaßen belangt?

Laut Gesprächen mit Vertretern der Lichtbranche hat es den Anschein, dass nicht alle Unternehmen gleichermaßen von Philips belangt werden. Führt das nicht zu einer Markt- und Wettbewerbs-Verzerrung, da miteinander im Wettbewerb stehende Firmen ungleiche Voraussetzungen bei der Gestaltung ihrer Preise haben? Philips sieht das anders: „…Philips wendet sich gleichermaßen an alle Marktteilnehmer, die LED-Leuchten mit patentierter Technologie unter ihrer Marke vertreiben.“

Eine Übersicht der wichtigsten patentrechtlich geschützten Technologien

philips retrofit lampe
Retrofit

Philips Retrofit-lampePhilips betrachtet die Beleuchtung als Umwandlung von Elektronen in Photonen, oder anders gesagt: Elektrischer Strom wird in Lichtwellen umgewandelt. Dabei kommen in jedem LED-Scheinwerfer eine Vielzahl an Komponenten zum Einsatz: Treiber, Sensoren und Kontrollgeräte sowie Energiemangement- und Konversionssysteme hinter der eigentlichen LED sowie Linsen und Farbmischsysteme vor der LED. Die Patente beziehen sich auf betriebsfähige LED-Leuchtmittel und sogenannte „Retrofits“, das sind LED-Leuchtmittel, die sich in den in Privathaushalten gebräuchlichen E27-Fassungen verwenden lassen.

Als Einsatzgebiete benennt Philips professionelle und private Beleuchtung sowie Architektur-, Theater- und Unterhaltungsbeleuchtung. Im Klartext wird also fast jede mengenmäßig relevante Einsatzart abgedeckt, wenn man von Speziallampen für medizinische Zwecke oder ähnliches absieht. Allerdings nutzen nicht alle LED-Leuchten in den genannten Anwendungsgebieten zwingend Technologie von Philips. Daher sind nicht alle LED-Leuchten lizenzpflichtig.

Bei den LED-Leuchtmitteln an sich unterscheidet Philips zwischen Leuchtmitteln mit nur einer feststehenden Farbtemperatur in weiß oder in Farbe, weißen Leuchtmitteln mit unterschiedlicher Farbtemperatur sowie Leuchtmitteln, die mehrere Farben erzeugen können. In dieser Reihenfolge werden auch Gebühren in Höhe von drei, vier oder fünf Prozent erhoben.

Keine Gebühren für „Qualifitzierte Komponenten“

Keine Lizenz-Gebühren werden fällig für die Verwendung von sogenannten „Qualifizierten Komponenten“: Wenn etwa mehrere LEDs eines sogenannten „qualifizierten Herstellers“ auf einer Trägerplatte verbaut werden oder LED-Treiber sowie Kontrolltechnologien eines qualifizierten Herstellers in einem Gerät zum Einsatz kommen. Als qualifizierte Hersteller werden neben Philips selbst noch Osram sowie die Zumtobel-Gruppe genannt. Trotzdem muss auch in diesem Fall ein Lizenzabkommen zwischen Philips und dem Unternehmen, das die Komponenten verbaut, geschlossen werden. Aber bereits die Verwendung von qualifizierten LEDs auf einer eigenen Trägerplatte gilt nicht mehr als qualifizierte Komponente.

Auch wer lediglich LEDs eines qualifizierten Herstellers verwendet, kommt um die Abgaben nicht herum, da LEDs als solche keine qualifizierten Komponenten sind. Erst wenn beispielsweise mehrere LEDs auf einer Platine verbaut sind und dieses Konstrukt deutlich sichtbar mit dem Logo eines qualifizierten Herstellers versehen ist, ist von einer qualifizierten Komponente die Rede.

„Keine oder nur sehr begrenzte Erfahrung mit der Lizenzierung von Patenten“

Soweit alles schön und gut, Philips verdient in jedem Fall: Entweder an den selbst hergestellten Produkten oder an Lizenzgebühren für den Fall, dass ein anderer Hersteller sich von Philips patentierter Technik bedient. Und es ist natürlich völlig legitim, an Patenten Geld zu verdienen. Die Art und Weise, wie sich das in diesem speziellen Fall gestaltet, hat aber bei vielen deutschen Herstellern von Beleuchtungsequipment, die auf qualitativ hochwertige Leuchtmittel angewiesen sind, einen schalen Geschmack hinterlassen. Philips sieht das etwas anders: „…Viele Mitglieder der Leuchtenindustrie scheinen bisher noch keine oder nur sehr begrenzte Erfahrung mit der Lizenzierung von Patenten zu haben. Philips ist offen auf die Marktteilnehmer zugegangen und hat bewusst nicht die direkte Konfrontation, sondern den Dialog gesucht. Die Tatsache, dass Philips Patente hält und diese zur Lizenz anbietet, hat vielleicht bei manchen Marktteilnehmern anfangs „einen schalen Geschmack“ verursacht. Dieser ist jedoch nach unserer Erfahrung in den konstruktiven Lizenzgesprächen in den Hintergrund getreten bzw. ganz verschwunden.” Es gibt allerdings auch Stimmen, die sich sehr lobend über dieses Geschäftsmodell äußern: Das Manager-Magazin pries Philips als eines der wenigen Unternehmen, das es schafft, mit Patenten Geld zu verdienen.

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