Eine KLANG:fabrik für Glasperlenspiel

Glasperlenspiel als Support für Helene Fischer in Leipzig

In-Ear-Monitoring ist eine feine Sache, verändert aber auch den Raumeindruck des Künstlers. Das 3D-System der jungen Firma KLANG:technologies aus Aachen soll hier Abhilfe schaffen. Wir haben uns mit Jens „Bubbes“Steffan unterhalten, der das System bei „Glasperlenspiel“ einsetzt, die Supportband von Helene Fischer auf ihrer letzten Stadiontour.

Ein großer Vorteil des menschlichen Gehörs ist das räumliche Hörvermögen: Wir können eine Geräuschquelle im Raum orten, ohne in diese Richtung zu blicken. Wenn hinter uns ein Hund bellt, wissen sofort, dass wir gleich in die Wade gebissen werden und nicht ins Schienbein. Das Gehirn wertet die von den Ohren kommenden Daten in ähnlicher Weise aus wie die unserer Augen. Es registriert feinste Unterschiede in Lautstärke, Ankunft eines Geräusch am Ohr und bei den Reflektionen des Raumes. Aus dem Vergleich zwischen rechtem und linkem Ohr lässt sich so exakt die Position der Geräuschquelle ermitteln.

Die Diskrepanz zwischen natürlichem Hören und Kopfhörern

Diese räumliche Hörvermögen erscheint uns völlig selbstverständlich – bis wir es verlieren, weil wir beispielsweise Kopfhörer oder In-Ears verwenden. Das Gehirn verfügt nicht über einen „Kopfhörer-Modus“ und analysiert auch ein Stereosignal eines Kopfhörers, als wäre es die dreidimensionale Geräuschkulisse der Umgebung. Orientierungslosigkeit, Gleichgewichtsprobleme und frühzeitige Hörermüdung können die Folgen sein.

Wenn man räumliches Hörgefühl auf Kopfhörer übertragen möchte, funktioniert das nur mit Audio-Dateien, die zuvor räumlich aufgenommen wurden. Diese sogenannten „binauralen“ Tonaufnahmen sollen bei der Wiedergabe über Kopfhörer einen natürlichen Höreindruck mit genauer Richtungslokalisation erzeugen. Das funktioniert mittels eines Kunstkopfes, in dessen Ohren zwei Mikrophone eingebaut wurden. Dieser Kunstkopf kann „hören“ wie ein Mensch und nimmt das akustische Umfeld genauso auf, wie wir es als Menschen wahrnehmen würden.

Akustische virtuelle Realität in Echtzeit auf der Bühne

Diese Art der binauralen Tonaufnahme erzeugt einen natürlichen Höreindruck mit Kopfhörern, funktioniert allerdings nur mit Aufnahmen und nicht in Echtzeit – für den Live-Einsatz ist das natürlich nicht brauchbar.

Die Ingenieure von KLANG:technologies haben an der RTWH Aachen ihre ganz eigenen Vermessungen mit einem Kunstkopf durchgeführt. Das Resultat wurde die Grundlage einer akustischen virtuellen Realität, die mit Echtzeit-Audio-Signalen arbeiten kann: Die Geburtsstunde des 3D In-Ear Monitoring.

Drei Komponenten für 3D

Drei Elemente ermöglichen – zusätzlich zu einem herkömmlichen Monitoring-Pult – diese neue Art des In-Ear-Monitorings: Die KLANG:fabrik nimmt bis zu 32 Signale auf, platziert sie in 360° im virtuellen akustischen Raum und sendet dann die 3D-Mixe an die Kopfhörer-Verstärker und Funkstrecken der Musiker. Der Bewegungs-Sensor KLANG:vektor registriert jede Drehung des Kopfes und sendet die Informationen an die KLANG:fabrik, sodass dort die 3D-Mixes in Echtzeit angepasst werden können. Mit der KLANG:app kann jeder Musiker selbst seinen Mix steuern, oder es dem Monitortechniker überlassen.

Jens „Bubbes“ Steffan von Stage Productions hat die Band „Glasperlenspiel“ bei ihrer Tour als Support von Helene Fischer am Monitorplatz betreut. Im Interview erläutert er uns das System, wie er es einsetzt und ob er Befürchtungen hegt, dass ihn die KLANG:fabrik über kurz oder lang arbeitslos macht, weil sich die Musiker in Bälde ihren Monitorsound selber per App zurechtmischen.

  Die KLANG:fabrik auf Tour mit „Glasperlenspiel“

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