„Fakt ist: Immer mehr State-of-the-art-Produkte werden in China hergestellt“

Sebastien Breteau, CEO von AsiaInspectionSebastien Breteau, CEO von AsiaInspectionDie Produkte aus dem Reich der Mitte hatten lange Zeit einen zweifelhaften Ruf in Bezug auf ihre Qualität, doch was ist noch dran an diesem Vorurteil? EventElevator wollte es genauer wissen und hat sich mit jemandem unterhalten, der Bescheid weiß: Sebastien Breteau steht dem Unternehmen AsiaInspection vor, das sich seit vielen Jahren um die Sicherung von Qualitätsstandards kümmert, wenn Firmen aus Europa oder Nordamerika in China ihre Waren produzieren lassen. Seine Einschätzung: China hat qualitativ stark aufgeholt, aber immer noch einen langen Weg vor sich, bis es westliche Standards erreicht hat.

EventElevator: Produkte aus China verfügen bei vielen Menschen über einen zweifelhaften Ruf, was die Qualität betrifft. Was ist noch dran an diesem Vorurteil?
Sebastien Breteau: Im Süden Chinas haben wir enorme Verbesserungen festgestellt. Die billigsten und qualitativ minderwertigsten Fabriken von vor 15 Jahren wurden durch Produktionsstätten mit höheren Standards ersetzt. Beispielsweise verfügen Hasbro und Foxconn (Produzent für Apple) mittlerweile über Standorte in der Guangdong-Provinz. Auch unsere internen Statistiken verzeichnen einen Anstieg bei der Qualität der Produkte in dieser Region.

Um die Qualität der Produkte zu klassifizieren, benutzen wir den sogenannten Acceptable Quality Level (AQL), den uns unsere Kunden vorgeben. Jedes Produkt, das sich qualitativ innerhalb der Grenzen des AQL bewegt, hat die Inspektion bestanden. Bei all unseren Inspektionen seit dem Jahr 2006 ist der Prozentsatz der Produkte, die sich im Rahmen des AQL befanden, stetig angestiegen: Von 48 auf 62 Prozent – ein deutlicher Indikator für die Verbesserung der Qualität. Viele dieser Verbesserungen wurden durch strikte Überwachung und enge Zusammenarbeit mit den Fabriken erreicht. Wir betonen dass auch unseren Kunden gegenüber immer wieder: Nur weil die letzte Lieferung in Ordnung war, heißt das noch lange nicht, dass auch die nächste wieder in Ordnung sein wird. Es ist wichtig, sich permanent zu engagieren und eng mit den Produzenten zusammenzuarbeiten.

Im übrigen China bestehen weiterhin große Diskrepanzen. Eine Analyse unserer Inspektionsdaten in Bezug auf die Unterschiede in den einzelnen Regionen hat folgendes gezeigt: Im Süden Chinas sind die Fabriken tendenziell moderner und effizienter, während im Norden die Qualität geringer ist und vermehrt Inspektionen nicht bestanden werden.

„Ein Anstieg der Qualität bedeutet auch einen Anstieg des Preises“

Wie auch immer: Ein Anstieg der Qualität bedeutet auch einen Anstieg des Preises, was in Südchina der Fall war. Als Resultat beobachten wir eine Verlagerung der Produktionen nach Norden und Westen, wo die Preise günstiger sind, aber auch die Qualität geringer. Im Prinzip wiederholt sich hier, was in Japan in den 50er Jahren passiert ist, aber auch in Taiwan, Hong Kong und Südkorea in den 80er Jahren.

Die Risiken für ausländische Auftraggeber im Süden Chinas der 90er Jahre beobachten wir jetzt im Norden und Westen des Landes. Da diese Produktionsstätten noch neu und unterentwickelt sind, sollten Importeure hier besonders vorsichtig sein. Im Endeffekt kommt es immer auf das Verantwortungsbewusstsein des Auftraggebers an. Dazu gehört auch die enge Zusammenarbeit mit den Produktionsstätten. Es ist unabdingbar, qualitative Aspekte im Vorfeld genau zu regeln und auch während der ganzen Produktion hindurch stets im Auge zu behalten.

EventElevator: Wie hoch schätzen Sie Gefahr von unwiderruflichem Wissenstransfer ein?AsiaInspection überprüft die Einhaltung von Qualitätsstandards vor OrtAsiaInspection überprüft die Einhaltung von Qualitätsstandards vor Ort
Sebastien Breteau: Dieses Risiko existiert definitiv. Als Auftraggeber hat man es mit einem Hersteller zu tun, dessen Ziel es ist, billige und gleichzeitig qualitativ hochwertige Waren zu produzieren, die am Markt nachgefragt werden. Wenn man ihnen die Pläne überlässt, besteht keinerlei Garantie, dass sie diese Pläne nur verwenden werden, um ihr Produkt herzustellen. Man sollte also nie das gesamte technische Know-How preisgeben. Die meisten Unternehmen minimieren dieses Risiko, indem sie an neuralgischen Punkten des Herstellungsprozesses auf verlässliche Zulieferer setzen. Nach unserer Erfahrung funktioniert dieses Prinzip für die meisten Unternehmen ziemlich gut.

EventElevator: Ist Produktpiraterie immer noch ein so wichtiges Thema wie vor einigen Jahren?
Sebastien Breteau: Es ist sicherlich nicht mehr so gravierend wie in der Vergangenheit, aber da in China nach wie vor ausreichende Möglichkeiten fehlen, um rechtlich gegen Kopien vorzugehen, besteht nach wie vor ein Risiko.

„Ein weit verbreiteter Fehler ist es, die Verhandlungen über den Preis zu führen“

EventElevator: Worauf muss ich achten, wenn ich in China produzieren will?
Sebastien Breteau: Die Qualitätsunterschiede chinesischer Zulieferer sind nach wie vor groß, konstant hohe Qualität muss also immer vom Importeur sichergestellt werden. In der westlichen Welt wird „Made in China“ generell mit schlechter Qualität assoziiert, aber Fakt ist: Immer mehr State-of-the-art-Produkte werden in China hergestellt – denken Sie nur an das iPhone4. Fakt ist auch, dass einige chinesische Marken dabei sind, Standards zu setzen, wie beispielsweise GALANZ mit ihrer aktuellen Serie an Mikrowellengeräten.

Ein weit verbreiteter Fehler ist es, die Verhandlungen über den Preis zu führen, bevor man über die einzuhaltenden Qualitätsstandards spricht. Meiner Erfahrung nach wird man immer einen Hersteller finden, der den eigenen Preisvorstellungen entspricht, so niedrig dieser Preis auch sein mag. Die Frage ist nur, an welchem Ende der Hersteller dann letztendlich spart und welche Qualität er abliefert, um den Preis halten zu können.

Um das billigste Produkt liefern zu können, haben chinesische Hersteller oft keine andere Wahl, als Kompromisse bei der Qualität der Rohstoffe einzugehen. Das führt dann beispielsweise zum Einsatz von giftigen Farben oder Klebstoffen. Darüber hinaus leidet die Qualität, im schlimmsten Fall geht vom fertigen Produkt Gefahr aus. Importeure müssen ganz einfach erkennen, dass der wahre Preis für sichere Qualitätsprodukte der ist, sich die Zeit für die Suche nach zuverlässigen Herstellern zu nehmen. Nach einem unrealistisch niedrigen Preis zu fragen und die Qualität in drei Emails sicherzustellen – das genügt einfach nicht.

EventElevator: Welche Unterstützung bietet AsiaInspection Unternehmen an, die in China fertigen lassen wollen?Details werden akribisch geprüftDetails werden akribisch geprüft
Sebastien Breteau: Wir bieten Unterstützung sowohl für Firmen, die mit bestehenden Herstellern zusammenarbeiten wollen wie auch für solche, die eigene Fertigungsstätten planen. Wir stellen die Einhaltung von qualitativen und sozialen Standards sicher, beispielsweise prüfen wir vor Ort die Einhaltung von Alters-, Sicherheits-, Diskriminierungs- und Lohnstandards. Darüber hinaus führen wir vor Ort Qualitätskontrollen der Produkte durch, um die Einhaltung von in den Empfängerländern geltenden Qualitätsstandards und –vorschriften sicherzustellen.

EventElevator: Wie sieht es mit der Verknappung von Rohstoffen aus, beispielsweise Neodymium? Ist mit einem baldigen Exportstopp dieser Güter zu rechnen, wie hierzulande vereinzelt in den Medien berichtet wird?
Sebastien Breteau: In der Tat wird ein Großteil des verfügbaren Neodymiums in China gefördert, es liegen uns aber keine gesicherten Berichte vor, dass der Export verringert oder ganz eingestellt wird.

EventElevator: Wenn Sie fünf Jahre in die Zukunft blicken: Wie wird sich China entwickeln und müssen wir befürchten, technologisch überholt zu werden?
Sebastien Breteau: China hat noch einen langen Weg vor sich, bis es technologisch auf unserem Level angekommen ist. Im Augenblick sind die Wettbewerbsvorteile des Landes immer noch niedrige Löhne, hoher Arbeitseinsatz und eine relativ hohe Qualität im Vergleich mit anderen südostasiatischen Ländern wie etwa Bangladesch. In Bezug auf technologische Kapazitäten mache ich mir im Augenblick keine Sorgen, dass Europa oder Nordamerika ihren Wettbewerbsvorteil verlieren werden.

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