Digitale Dividende 2: Bundesnetzagentur will Frequenzen schon 2015 versteigern

BIS 2018 MÖCHTE DIE BNA ALLE VERBRAUCHER MIT MINDESTENS 50 MBIT/S VERSORGEN | FOTO: WIKIMEDIA/NIWRE

Die erste Frequenzversteigerung ist noch nicht lange her, da droht bereits neues Unheil: Wie aus einem internen Schreiben von BNetzA-Präsident Jochen Homann ersichtlich wird, plant die Bundesnetzagentur (BNetzA) erneut eine Frequenzauktion. Dieses Mal sollen die Bereiche 700 MHz, 900 MHz, 1.800 MHz sowie 1.500 MHz unter den Hammer kommen.

Es geht nach wie vor um den Breitbandausbau: Bis 2018 möchte die BNetzA alle Verbraucher mit mobilem Breitband versorgen, um die „digitale Kluft“ zu überwinden, wie Homann schreibt: „Ziel ist die flächendeckende Versorgung der Verbraucher bis 2018 mit mindestens 50 Mbit/s“.

Die Präsidentenkammer der BNetzA strebt eine Versteigerung bereits 2015 an, um die Frequenzen dann bis spätestens 2018 für den Ausbau des Breitbandnetzes zur Verfügung stellen zu können.

Erneute Räumung des Frequenzbereichs könnte erforderlich sein

Konkret ist der mögliche Wegfall des Bereichs von 710 bis 790 MHz für professionelle Funkstrecken im Veranstaltungsbereich problematisch. Dieser Bereich wurde bei der ersten Frequenzversteigerung den professionellen Anwendern von Funkstrecken zugewiesen – nun droht nach den Plänen der BNetzA erneut die Vertreibung.

Das Schreckensszenario würde sich damit wiederholen: Die neu angeschafften Funkstrecken würden erneut wertlos, die Betreiber müssten spätestens 2018 erneut in funktionierendes Equipment investieren. Bei der ersten Auktion wurden die Frequenzbereiche von 791-821 MHz sowie 832-862 MHz versteigert, die Bereiche 790-814 MHz und 838-862 MHz wurden zur Benutzung ohne Genehmigung bis 2015 freigegeben, die Funkstrecken dürfen aber den Mobilfunk nicht stören. Faktisch ist dieser Bereich nicht mehr zuverlässig nutzbar.

Die Weichen wurden auf der WRC 2012 gestellt

Die Weichen für das Vorhaben wurden bereits 2012 auf der Weltfunkkonferenz (WRC) gestellt (EventElevator berichtete). Hier wurden weitreichende Entscheidungen für das Antennenfernsehen getroffen. Aufgrund des massiven Drucks arabischer und afrikanischer Staaten kam es völlig überraschend zu einer gleichberechtigten Frequenzzuweisung an den Mobilfunk im Rundfunkfrequenzbereich 694 – 790 MHz in der gesamten Funkregion 1 (vereinfacht gesagt: Afrika, Russland und Europa). Die definitive Entscheidung soll auf der nächsten WRC im Jahr 2015 fallen.

Kein Kompetenzmangel bei der BNetzA

Auf den ersten Blick könnte nun leicht der Eindruck entstehen, dass sich die BNetzA nicht über das Ausmaß ihres Vorhabens im Klaren ist. Matthias Fehr, Präsident der Association of Professional Wireless Production Technologies (APWPT), sieht das anders: „Man muss davon ausgehen, dass die BNetzA durchaus über eine Reihe von sehr kompetenten Experten zu diesem Thema verfügt – wir treffen diese regelmäßig bei Veranstaltungen sowie im Rahmen der internationalen Regulierung“.

Was aber steckt dann hinter dem Vorhaben der BNetzA, die Frequenzbereiche so schnell wie möglich unter den Hammer zu bringen? Laut Matthias Fehr ist die 2012 getroffene Entscheidung der WRC nicht bindend, da die WRC autonom ist und auch bereits getroffene Entscheidungen jederzeit wieder rückgängig machen kann. Und selbst wenn eine Umsetzung in Afrika erfolgt, so entsteht daraus kein Handlungszwang für Europa. Die BNetzA will also schnellstmöglich Fakten schaffen.

Bund und Länder müssen sich einigen

Die Versteigerung ist also durchaus eine Gefahr für die derzeit nutzbaren Frequenzbereiche, allerdings ist es noch ein Stück des Weges von der Absicht der BNetzA bis zur tatsächlichen Versteigerung. Damit es tatsächlich 2015 zu einer Versteigerung der Frequenzen kommt, muss ein nationaler Konsens zwischen Bund und Ländern hergestellt werden, um die rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Bundesländer sperren sich bislang noch gegen das Ansinnen der BNetzA, möglicherweise aber ganz einfach aus verhandlungstaktischen Gründen: Bei der letzten Versteigerung kam der warme Geldregen einzig und allein dem Bund zugute, dieses Mal wollen die Länder zur Hälfte beteiligt werden.

Planungssicherheit? Fehlanzeige!

Das eigentliche Problem für die Anwender von Drahtlosstrecken ist im Augenblick die fehlende Planungsicherheit. Wer bereits in neues Equipment investiert hat, dem bleibt nur die Hoffnung, dass die Mühlen der Bürokratie gewohnt langsam mahlen, auch wenn die BNetzA jetzt gerne den Turbo zünden würde. Auf Entschädigungen sollte sich jedenfalls lieber niemand verlassen – das hat schon bei der ersten Frequenzversteigerung nicht funktioniert.

Um das Problem der fehlenden Planungssicherheit ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen, wäre es nötig, dass professionelle Anwender von Drahtlosstrecken dauerhaft einen festen Bereich als Primärnutzer zugewiesen bekommen. Klingt einfach, ist es aber leider nicht: Denn auch Nutzer wie das Militär, Sicherheits- oder Rettungsdienste sind sehr an einem solchen Frequenzbereich interessiert.

Interview zu den Hintergründen

EventElevator hat sich über dieses Thema bereits im März 2012 mit Jochen Mezger vom Institut für Rundfunktechnik unterhalten. Mezger konnte sich damals nicht vorstellen, dass es tatsächlich zu einer erneuten Versteigerung kommen könnte – leider hat sich die Lage seitdem verschärft:

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Autor: Markus Wilmsmann