Daniel Neumann: Am FoH von David Guetta durch die USA

© Emilio Vavarella Daniel Neumann @ Contemporary Temporary Sound Works And Music

Daniel Neumann stammt eigentlich aus dem Vogtland und ist mit einem Zwischenstopp in Leipzig schließlich in New York gelandet. Er wurde schnell in der lokalen Clubszene empfohlen und stand schließlich am FoH bei der jüngsten US-Tour von DJ-Sternechen David Guetta.

EventElevator: Du bist ja sehr umtriebig an der Schnittstelle zwischen Sound-Art und Sound-Engineering. Inwieweit beeinflussen sich diese beiden Felder?

Im Kontext der Klangkunst beschäftige ich mich ausgiebig mit dem akustisch-architektonischem Raum, mit Raumklang, Mehrkanalmusik, Raumkomposition als ästhetischer Parameter etc. Aus diesem Interesse heraus organisiere ich hier vor Ort seit mehreren Jahren eine Veranstaltungsreihe, die Raumbezogenheit in der Klangarbeit im Hauptfokus hat. Die Reihe nennt sich CT-SWaM – Contemporary Temporary Sound Works And Music

  Das Ziel hier…

…ist genau das Gegenteil meiner künstlerischen Arbeit – nämlich die Neutralisierung des speziellen Einflusses eines jeden Raumes.“

Als Tontechniker bin ich ebenfalls hauptsächlich im Live-Betrieb tätig, d.h. die Interaktion mit dem akustischen Raum steht hier ebenfalls im Zentrum. Das Ziel hier ist genau das Gegenteil meiner künstlerischen Arbeit – nämlich die Neutralisierung des speziellen Einflusses eines jeden Raumes, im Gegensatz zu dessen ästhetischer Aufwertung – aber die Methoden und Werkzeuge sind die gleichen: bewusste Lautsprecherauswahl und -aufstellung, Raumanalyse und Equalisation.

Mit diesem Fokus und mit meinem Medienkunststudium im Hintergrund mache ich hier lokal auch recht viel im Kunstumfeld: Live-events im MoMA und im PS1, Aufführungen electro-akustischer Musik (z.B. Oktophinie von Karl-Heinz Stockhausen, 2013), Verleih meiner Mehrkanallautsprechersysteme (Quens Museum of Art, St. Marks Church, Electronic Music Foundation), Klanginstallationsaufbau (z.B. Roberto Cuoghi im New Museum, 2014), etc.

Zum Geldverdienen, weil es da mehr zu tun gibt, zumeist bessere Bezahlung und natürlich auch die Anlagen oft sehr spannend sind, mache ich dann noch die Clubarbeit, wie z.B. letztes Jahr Tonchef im neueröffneten Output Club, oder dieses Jahr die US-Tour mit David Guetta.

Wie kommt man überhaupt als Leipziger in Brooklyn an den Job des FoH-Manns für David Guetta?

Ursprünglich ja Vogtländer! Demnach Wahlleipziger in Brooklyn 🙂

Vor allem durch das altbekannte, unergründliche Talent, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Ich bin ja 2008 nach NYC gegangen und hatte dann gleich zu Anfangs Arbeit in einem neueröffneten Club gefunden (Santos Party House). Von dort aus ergab sich dann ein stetig wachsendes Betätigungsfeld im NYC-Clubkontext. Hier wird man auch sehr schnell weiterempfohlen, vorausgesetzt natürlich man leistet solide Arbeit, und es gibt allgemein sehr viel dynamische Bewegung – New-York-Gewusel eben.

Auch an den Auftrag für Guetta kam ich über einen Bekannten aus dem Clubumfeld mit dem ich seit mehreren Jahren regelmässig zu tun habe. Er wurde vom Guettas Produktionsleiter kontaktiert und hat mich weiter empfohlen. Zweites natürlich wegen meinem Nachnamen! Und drittens wahrscheinlich weil man mich für technisch fähig hält. Angefangen habe ich mit Tontechnik im Jahr 2000 bei der Firma naturton in Leipzig.

DNeumannFoto2 GuettaAtSputnik Juni2014Sputnik: Spring Break

Habt ihr das Equipment mit auf Tour oder nutzt ihr die Hausanlagen?

Wir nehmen so gut wie nichts mit und sind auch nur als kleines Team unterwegs (Produktionsleiter, Lichttechniker, Videotechniker und Tonmann). Die Anlagen auf seinem Level sind natürlich schon meistens Top-Qualität und professionell eingerichtet – meistens. Dieses Vorgehen hat mehrere Gründe. Zum einen stehen viele Festivals auf dem Tourplan, auch mehrtägige, und hier werden die Anlagen ja immer vom jeweiligen Festival zur Verfügung gestellt. 

Zum anderen spielt er auch an mehreren Tagen hintereinander an weit auseinander liegenden Orten. Es wäre viel aufwendiger und v.a. auch kostenaufwändiger, eine eigene Anlage mitzunehmen – das setzt ja dann auch eine größere Crew, mehr Transporte, mehr Zeit, LKWs usw. voraus. Es ist schon clever, das alles lokal vom Veranstalter besorgen zu lassen und nur eine Person mitzubringen, die das dann zurechtschiebt.

Die grossen Festivals auf unserem Tourplan hier in den Staaten waren fast ausnahmslos Anlagen von L-Acoustics- oder d&b. Auch in den Clubs auf Tour hing sehr viel d&b. Einzige Ausnahmen waren NewCityGas in Montreal mit einer eigenartigen, aber sehr anständigen JBL-Anlage und Calgary mit dem Electro-Voice X-Line-Array.

Für Calgary hatte ich mich auch schon im Vorfeld mit dem Techniker vor Ort über verschiedene Cardiod-Bass-Setups ausgetauscht und wir haben uns dann für eine Mischvariante aus einem Dave-Rat-Fächer und der L’Acoustics-Standardcardioidaufstellung entschieden.  Das hat sehr gut funktioniert in der sehr schwierigen, breiten Halle.

DNeumannFoto4 Buku SubArrayBUKU-Fest in New Orleans

 Dave-Rat-Fächer

Nach dem Tontechniker von u.a. Red Hot Chili Peppers benannte Methode, bei der vier Subs links und rechts in Fächerform aufgestellt werden, mit Centercluster in der Mitte.

Eine weitere wirklich sehr gute Erfahrung habe ich zum Buku-Fest in New Orleans gemacht. Dort bestand die Schwierigkeit, dass es im Vorjahr heftige Beschwerden wegen Lärmbelastung gab und zwar weil das Festivalgelände direkt am Mississippi liegt und das Subwooferarray ungerichtet und ungebremst die Anwohner am anderen Flussufer mit mehr als ausreichendem Lowend versorgte.

In diesem Jahr war dann Eric Thomas von der Firma OnStage Sound damit beauftragt, den Bass in die richtige Richtung zu lenken. Der tat das mit seinem L-Acoustics K1 Array und der empfohlenen Cardiodsubwooferaufstellung. L-Acoustics verwendet dabei keine elektronische Phasenverdrehung, sondern nur “mechanische” und Delays. Das finde ich bisher das sauberste Resultat, gute Coverage, Knackigkeit und genaue Richtwirkung.

weisses rauschen2Weisses Rauschen gleich beim ersten gig mit Guetta – Nur sein Nachname hat Daniel Neumann vor dem schlimmsten bewahrt.Herausforderungen waren ein für 5.000 Zuschauer zu kleines d&b V-Array, wo dann während des Konzerts zwischendurch Teile des Arrays durch den “Protect-Mode” ausfielen. Da musste ich schon sehr navigieren und dann – wir haben den Digitalausgang des Pioneer DJM900 als Hauptsignal benutzt und Analog als Backup – brach plötzlich die Musik aus in völlig übersteuertes weisses Rauschen (s. Foto #3) – ich fadete zum Glück gleich in den BackUp-Kanal über und jeder dachte, es wäre nur ein krasser Effekt gewesen. Das war übrigens meine allererste Show mit Guetta.

Bei einer anderen Show, bei der das Mischpult zu zentral im Saal aufgebaut war, mussten wir nach dem zweiten Getränkesturz auf dem Avid Profile, der zu Mute-Mains-Ein/Aus-Zappeln führte, aus Mikrofonständern und schwarzen Müllbeuteln ein Dach über das Pult bauen. Etwa 6.000 Zuschauer waren im Raum. 

Was befindet sich in Deinem Siderack?

Ich habe wie gesagt standardmässig gar kein Siderack dabei. Ich bin immer mit meinem Laptop, Smaart und Messmikro unterwegs, um am Anfang, beim Soundcheck ein paar Standardchecks durchzuführen. Dann stehen manchmal zwei Avalon VT737 Roehrenkompressoren, die ich in die Mains, oder den DJ-Kanal einschleife, je nach dem ob ich die Subwoofer mit komprimieren will oder nicht. Das ist von Raum zu Raum und Anlage zu Anlage verschieden.

Als Mischpult findet man hier in den meisten Fällen Avid Profile-Pulte und als Plugins benutze ich sehr gerne den SSL-Kanalzug und den Waves MaxxBass. Den hatte ich auch schon als externes Gerät und das macht sich schon sehr gut für elekronische Tanzmusik, wo druckvoller Bass zentral ist. Ansonsten achte ich immer sehr darauf, die Signalkette so klein als moeglich zu halten. Zusätzliche Plugins oder Geräte, grafische Equalizer, Tubeplugins, etc. nehme ich ich immer raus und versuche auch so wenig wie moeglich DA/AD-Konvertierungen zu haben.

DNeumannFoto11 UntermDachBierdusche inmitten von 6.000 Zuschauern. Rechts die beiden Avalons.

Wie unterscheidet sich die Arbeit in USA von der in Deutschland?

Vom technischen her arbeitet man da schon sehr ähnlich – und das hat mir den Übergang hierher definitely recht einfach gemacht. Ich finde die Arbeit hier irgendwie allgemein erfrischender. Hier gibt es nicht immer gleich einen richtigen Weg. Es werden Sachen hier mit weniger normierten Herangehensweisen angegangen und das führt oft auch zu guten Überaschungen, manchmal auch zu haaresträubendem Diletantismus.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit David Guetta?

Eine Bandbeschallung ist schon nochmal sehr verschieden von der Arbeit mit einem DJ. Während des Soundchecks beschäftige ich mich ausgiebig mit der PA. Ich finde es toll, mir dafür so viel Zeit nehmen zu koennen. Ich muss mich ja nicht um 30 Mikrofonkanäle kümmern. Manchmal verändere ich auch nochmal bestimmte Einstellungen, weite oder verenge die Abstrahlwinkel bestimmter Frequenzbänder usf. Dann checke ich den Aufbau in der DJ-Booth. Das sind 4 CDJ-2000s, DJM900, RMX-1000, Sennheiser-Mikrofon. Die Monitore sind meistens 2-3 kleine Linearrayboxen und dazugehörige Subwoofer. d&b V-Array wäre so ein System, oder V-DOSC von L’Acoustics. Er hat für das Monitoring bestimmte Vorlieben und ich muss dann sicherstellen, dass das immer ungefähr gleich klingt. Und wie gesagt, als Crew sind wir immer zu viert unterwegs (Produktionsleitung, Licht, Video, Ton). Zum Soundcheck spielt dann der Produktionsleiter ein kleines Set, mit Livemixen, alles ausprobieren, bei dem ich dann die PA-Einstellungen abschliesse. David kommt dann meist 15 Minuten vor seinem Set mit dem Tourmanager an, spielt und geht wieder. Da war also bisher nicht sehr viel direkte Interaktion.

Bildergalerie

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 Interview: Markus Wilmsmann