Behind the Scenes bei The Chemical Brothers

Die Visuals ersetzen bei der Live-Show von The Chemical Brothers den Lead-Singer

Seit rund 25 Jahren sind Adam Smith und Marcus Lyall die kreativen Masterminds hinter dem eindrucksvollen Live-Showkonzept von The Chemical Brothers.

In ihren Frühzeiten verwendeten sie noch 16-Millimeter- und Dia-Projektoren und illuminierten bei Warehouse-Partys durch die tanzfeuchten Nebelschwaden hindurch. Verglichen mit damals gleicht die Live-Produktion von The Chemical Brothers heute einem Highend-Fuhrpark mit LKWs voller Vanish-LED-Panels, neuesten Movinglights, ultrapräzisem Kinetic-Equipment und Laser-Fixtures. Trotzdem die analogen Zeiten längst vorbei sind, schwebt immer noch etwas vom alten Rave-Spirit der Anfangstage mit – hier und da blitzen Reminiszenzen in der Show auf: analoge Synthesizer-Sweeps, Ozilloskop-artige Laser-Effekte, chaotisch-zerstäubende Strobe-Momente. Das Feeling und der visuelle Look für die die jeweilige Songwelt steht im Vordergrund, nicht der Personenkult um die Band selbst.

Jede Show wird minutiös von Adam Smith und Marcus Lyall vorbereitet. Als Lichtoperator arbeitet Jean-Christophe Aubrée

„Wir wollen Besucher mit jedem Song in eine andere Welt transportieren“, erklärt Adam Smith, der selbst als Regisseur arbeitet und somit ein besonderes Gespür dafür besitzt, in welcher Weise man die Showdramaturgie cinematographisch stützt. Ein zentraler Teil der Live-Produktion ist deswegen die extrem große Videowall, auf der stellvertretend für Band Charakter erschaffen werden, die BPM-genau als Lead-Singer auftreten.

Video-Content als Band-Leader

Für den Video-Content arbeiten Smith und Lyall mit einer Top-Riege an DOPs und Animations-Studios zusammen, genauso mit Schauspielern und bewundernswerten Tänzern, um so die Show mit „Human-Elements“ zu beleben. Trotz Kostüme oder teilweise nur noch bis aufs digitale Animations-Rig reduzierten Protagonisten strahlen diese LED-Wand-Charakter die Gefühlswelten der Songs aufs Publikum ab.

Die übergroßen Tänzer für den Song „Got To Keep On“

Und dies wird sogar noch verstärkt: das wirklich Besondere ist, dass die Charakter auf der Leinwand fast immer eine Symbiose mit den Movinglights und Lasern auf der transparenten Leinwand eingehen. Ohne den hohen technischen Aufwand und digitalen Systeme wäre dies gar nicht möglich. Aber auch nicht ohne die jahrelange Erfahrung der Crew.

„Wir wollen einen Zustand erreichen, in dem die Abläufe der Show so perfekt sind, dass unsere technische Crew sozusagen drüber-jammen kann“, erklärt Marcus Lyall. Über den einzigartigen Style der Chemical-Brothers-Show erzählen die beiden kreativen Show Designer ausführlich im folgenden EventElevator Video.

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Jean-Christophe Aubrée über das Lichtdesign

Für den visuellen Impact setzt die Show-Crew eine enorme Menge an Technologie ein. Als Lighting Director von Smith und Lyall arbeitet im Team Jean-Christophe Aubrée. Er sorgt jeden Tag, jede Sekunde dafür, dass die vielen Fixtures perfekt auf den Video-Content abgestimmt sind: Er steuert dabei zwei Hauptgruppen, die aus 96 TMB Solaris Flares und 80 ROBE Mega Pointe bestehen. Diese werden an verschiedenen Positionen eingesetzt: Down Stage, Up Stage, Hinter dem Screen und auf einer Traversenkonstruktion über der Band.

Lighting Director Aubrée arbeitet an einer aktuellen MA Lighting grand MA3 Konsole. Die Beams der ROBE Mega Pointe werden mit der verfahrbaren Kinetic hinter der Videowand präzise auf die Fingerspitzen gesetzt

„Ohne Zweifel sind Solaris Flare und Mega Pointe die beiden entscheiden Fixtures für diese Show“, erklärt Aubrée zu seinem Setup und fügt an: „Beide sind perfekt aufeinander abgestimmt. Ich mag die Kombination der Wash-Strobe-Looks vom Solaris Flare und den scharfen Look sowie den Aerial-Effekt vom MegaPointe. Sie sind kompakt und effizient. Der Solaris Flare ist für mich zweifellos das beste LED-Color-Strobe auf dem Markt, während der MegaPointe eine riesige Palette an Funktionen in einer sehr kompakten Format bietet. Bei einer sehr großen LED-Wall wie unserer war es wichtig, dass die Geräte über die vom Video-Content abgegebene Helligkeit hinaus funktionieren.“

Zusätzlich verwendet die Crew weiterhin acht Martin MAC Quantum und rund 30 Solaris Mozart für die große Konstruktion, auf der die Band spielt. Die GLP Impression X4 Bar 20 werden hinter der Videowall eingesetzt. Das House-Rigg besteht dabei aus einem Mix aus: Spots, Washern, Beams und Color Strobes. Darunter sind Geräte wie: Martin MAC Viper Performance, Martin MAC Wash DX, Claypaky Sharpy und GLP JDC-1.

Solaris Flare und ROBE MegaPointe sind zwei der wichtigsten Tools im Lighting-Setup. Hinter der LED-Wand befinden sich fünf verfahrbare Traversen mit je zwei ROBE Mega Pointe und zwei GLP X4 Bar 20

Direkte Interaktion durch X4 Bars und ROBE MegaPointe

Beim Video-Content wird Interaktion groß geschrieben. Und die Show wird durch spezielle kinetische Elemente noch dynamischer. Hinter dem transparenten LED-Panels befinden sich deswegen fünf Traversen. Jede besteht aus zwei ROBE MegaPointe und zwei GLP X4 Bar 20. Sie erzeugen die meisten Interaktionen mit den Bildschirminhalten. Es gibt rund 50 verschiedene kinetische Positionen in der ganzen Show und jede Interaktion mit dem Videoinhalt ist eine tägliche Herausforderung, bis sie minutiös eingeleuchtet ist.

Tunnel-Blick: Das Lighting-Rig erweitert mit den Beams den Video-Content. Soundtechnisch vertraut die Band auf die d&b audiotechnik KSL-Serie ergänzt mit geflogenen Subs aus der V-Serie sowie SL Subs am Boden

„Die Interaktion ist das Herz der Show. Video, als auch Beleuchtung, müssen ein Erlebnis schaffen, unterstreicht es Lichtoperator Aubrée und fügt an: „Und die Interaktion ist ultra-genau, manchmal sind meine Lichter mit den Fingern eines Charakters, mit der Linse einer Taschenlampe oder mit Laserwaffen abgestimmt. Oder sie sind Teil einer Choreografie, in der die Video-Charaktere mit und um die Strahlen tanzen. Wir haben gerade eine neue Interaktion erstellt, bei der sich die Lichter rund um den Bildschirm zu einem Videotunnel erweitern, in dem das gesamte Licht-Setup der Richtung – beziehungsweise dem Winkel – dieses Tunnels folgt.“

Um hier einen flüssigen Ablauf zu gewährleisten ist Teamwork der Crew unerlässlich, denn dieser Prozess bezieht jede Abteilung mit ein: von Rigging zum Lighting, vom Videoteam bis zum Bühnenmanagement.
„Die Magie entsteht nur, wenn alle Abteilungen sich zu einer perfekten Kette ergänzen. Das Zauberwort heißt: Zusammenarbeit“, bringt es Aubrée auf den Punkt. Beim technischen Dienstleister verlässt sich das Team auf das kompetente Team von Lite Alternative aus Blackburn, die trotzt der aufwendigen Produktion immer ein Lächeln auf den Lippen haben. Durch ihre Effizienz kann die Show sogar während der Tour noch verbessert werden.

Die Charaktere gehen eine Symbiose mit den LED-Lights ein. Dafür gibt es hinter der LED-Wand fünf verfahrbare Traversen. Jede besteht aus zwei Robe Mega Pointe und zwei GLP X4 Bar 20

Flexibles grandMA3 Setup mit nahezu 7.000 Cues

Für jede Show gestaltet die Band das Arrangement und den Einsatz ihres Synthesizer-Arsenals und der Drum Machines völlig frei. Das eingestellte Timing bleibt gleich, aber die Mischung und wie The Chemical Brothers ihre Audiospuren bearbeiten und die Synthesizer ansteuern ist jedes Mal völlig anders. Das Lighting Team hat sich deswegen darauf eingestellt, auf so ziemlich jeden musikalischen Part, der auf auf der Bühne stattfinden kann, mit Lichteffekten zu regieren. Dies führt zu einer Summe an rund 7.000 Cues für den Lichtoperator Aubreé in Bezug auf die verschiedenen musikalischen Events. Während der Show ist er also sehr beschäftigt an seiner MA Lighting grandMA3 Konsole, alle Gruppen an die entsprechenden Light-Patterns anzugleichen.

Auch beim Song „Go“ sind die Beams perfekt auf die Spitzen der Taschenlampen gesetzt damit sich ein 3D-Effekt ins Publikum ergibt

Als Backlight für Tom Rowlands und Ed Simons setzt der Lichtdesigner 8 der Martin MAC Quantum Wash und 6 Solaris Flare ein. Diese beiden Geräte erzeugen genügend Volumen und Tiefe rund um die Band. So hebt sich der Bandriser besser vom Content der Videos ab.

Für den Lichtdesigner Jean-Christoph Aubrée ist die Zusammenarbeit mit Adam Smith und Marcus Lyall etwas ganz Besonderes. „Es geht darum, Gefühle zu teilen und immer das Beste daraus zu präsentieren“, sagt er zum Spirit der Zusammenarbeit mit den visionären Show-Designern.

Viele physikalische Effekte machen den Showinhalt für das Publikum sogar noch spürbarer: von den regnenden Ballons für „Saturate“, bis hin zu großen Discokugeln. Und sogar zwei gigantische Roboter-Requisiten bekommen eine Hauptrolle.

Nur kein Computer: The Chemical Brother haben on-stage lieber Vintage-Synthesizer am Start

Laser-Momente für The Chemical Brothers

Darüber hinaus programmiert die Crew bis ins letzte Detail, um die verschiedene Lasergruppen per Cues genau auf die einzelnen Noten der Musik abzustimmen. Die Lasermomente heben sich stark von typischen Rave-Mustern ab und das brachte dem Team sogar den zweiten Preis bei den ILDA Awards ein. „Das Erstellen der Laser-Looks für den Song „Chemical Beats“ im Stil eines betagten Oszilloskops ist eine echte Herausforderung und erfordert jedem Menge kreative Programmier-Skills zur Manipulation der ungewöhnlichen Shapes“, erklärt Tom Vallis, der Technical Manager und fügt an. Es erfordert ein Umdenken beim Programming, war bei typischen EDM-Show so nicht üblich ist.“

Beim Equipment greift das Team auf eine Reihe von ER Productions Fixtures zurück, darunter beispielsweise: Kinekt, AT30 und Beamburst. Auch ein Lightline 24 Watt Green OPSL-System ist am Start. Die Kinekts sind in 8er-Reihen am oberen und unteren Bühnenrand sowie an der LX1 positioniert. Und es gibt noch mal zwei hinter dem Bildschirm in den kinetischen Traversen.

Die Beambursts werden beispielsweise für die Augen der Roboters verwendet, der AT30 USC ist hinter dem Hub, wobei die grüne Einheit oben positioniert ist, um die Laser-Wirbel während „Hey Boy Hey Girl“ zu erzeugen. Das Team steuert alle der präzisen Laser-Events mit der Software „Beyond Ultimate” von Pangolin.

FoH Audio Engineer Shan Hira an seiner analogen MIDAS XL4 Audio-Konsole

FOH-Sound von The Chemical Brothers

Eine gewisse Vorliebe für Vintage-Ausrüstung ist auch auf der Bühne zu sehen. Das Bandduo verwendet viele alte analoge Synthesizer-Schätze und Vintage-Effekte. Und diese Liebe setzt sich definitiv im Front-of-House-Bereich fort. FOH Audio Engineer Shan Hira mischt die Signale, die von Rob und Ed von der Stage kommen, an einem mächtigen Midas XL4 Analogpult. Eine Digitalkonsole war noch nie mit auf Tour. Und auch das Outboard-Rack ist ein Fest für Retro-Freunde: hier findet sich unter anderem ein Eventide H7600, ein Lexicon 480 Reverb, ein Roland Chorus Echo SRE-555, alte MXR Delays und als Highlight ein originaler Mu-Tron Bi-Phase Phaser.

Beim Line-Array vertrauen The Chemical Brothers in der Arena auf den Punch der neuen d&b audiotechnik KSL-Serie mit gleichmäßig verteilten SL-Subs am Boden. Letztere werden noch von geflogenen Subs aus der J-Serie für den nötigen Druck aus der Luft ergänzt. Für die Frontfills wird auf die V-Serie gesetzt. „Die KSL-Serie ist für mich momentan das beste Speaker-System, das man finden kann und ich arbeitete gerne auch mit unserem hervorragenden Technik-Dienstleistern und den Top-Engineers von Skan PA zusammen“, erklärt Hira.

Eine Chemical Brother Show ist ein audio-visuelles Artwork. Und mit jedem weiteren Jahr erweitern Adam Smith und Marcus Lyall dieses Erlebnis mit ihrem Team. Sie lieben es, neue Ideen auszuprobieren, neue Richtungen einzuschlagen. Sie schmieden alle visuellen Elemente zusammen: egal ob Licht, Laser, Video, Effekte. Sie nutzen alles, was man fühlen kann…don’t hold back!