Angestellt oder (Schein-)Selbständig?

Früher war sowieso alles besser und die Sache ganz einfach: Wer ein Leben im Bann des Rock’n’Roll führte, für den kam eine Festanstellung nicht in Frage, man war schließlich ein freiheitsliebender Rebell. Inzwischen hat sich einiges geändert und auch ein Leben als Angestellter offenbart völlig neue Reize.

Und für wen beides nicht in Frage kommt, der kann immer noch scheinselbständig werden, oder? EventElevator hat für jede der beiden Möglichkeiten einen Fürsprecher gefunden und sich auch nach den Fallstricken der Scheinselbständigkeit erkundigt.

Denn die Scheinselbständigkeit ist das eigentliche Problem: Festangestellte oder Selbständige, die bei der Kalkulation ihrer Tagessätze ihre soziale Absicherung berücksichtigen, stellen kein Problem dar. Schwierig wird es, wenn diese Absicherung fehlt und so die Preise gedrückt werden.

Simon Stürtz ist Geschäftsführer des europaweit aktiven Personaldienstleisters artlogic und seit seinem 17. Lebensjahr selbständig. Er ist ein Verfechter von selbständiger Beschäftigung, solange der selbständige Unternehmer darauf achtet, in die Berechnung seines Entgelts auch die Kosten für die Altersvorsorge und sonstige soziale Absicherungen einzubeziehen. Dann sieht er auch keine Notwendigkeit darin, diese Personen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu drängen:

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Mit Arbeitnehmerüberlassung gegen Scheinselbständigkeit?

Simon StürtzSimon Stürtzartlogic vermittelt zum einen Freelancer, die auf eigene Rechnungen bei Produktionen tätig werden. Zum anderen trägt das Unternehmen dem steigenden Bedarf an festangestelltem Personal Rechnung, dass bei der artlogic Staffpool GmbH fest angestellt ist und dem Kunden per Arbeiternehmerüberlassung zur Verfügung gestellt wird – das klassische Zeitarbeitsmodell. Mit der verstärkten Nutzung von Arbeitnehmerüberlassungen, bei der das Personal fest beim Personaldienstleister angestellt ist, soll der Scheinselbständigkeit unter Freelancern Einhalt geboten werden.

Stürtz selbst sieht keinen Grund, die Vermittlung von Freelancern zu verteufeln und diese Arbeitskräfte von vorneherein der Scheinselbständigkeit zu verdächtigen. Seiner Ansicht nach wird dabei hauptsächlich die Weisungsgebundenheit als Argument angeführt:

 

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Crewcheck ist ein System zur Sammlung und Prüfung aller Arten von Papieren und Bescheinigungen, von der Steuernummer bis hin zum Sozialversicherungsausweis. Auftraggeber können schnell und unkompliziert prüfen, ob der für den Auftrag vorgesehene Selbständige über alle erforderlichen Papiere verfügt.

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Nach Ansicht von Simon Stürtz ist die Definition von Scheinselbständigkeit generell nicht einfach. Seiner Meinung nach ist es wesentlich einfacher, jemanden als tatsächlich selbständig zu definieren und das Problem der Scheinselbständigkeit auf diese Weise in den Griff zu bekommen:

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Was sagt die Bundesregierung zum Thema „Scheinselbständigkeit“?

Weisungsgebundenheit wird, wie wir gehört haben, bei der Beurteilung als Kriterium für Scheinselbständigkeit herangezogen, ist für das Gelingen einer Veranstaltung aber unabdingbar. Aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales heisst es: „Die sozialversicherungsrechtliche Einstufung einer Tätigkeit als abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit erfolgt nicht pauschal für eine Berufsgruppe oder allein anhand eines Vertrages, sondern für jede Person einzeln und gesondert für jeden Vertrag anhand der tatsächlichen Verhältnisse. Aufgrund der sich ändernden Bedingungen wird kein starrer Kriterienkatalog geführt, sondern die konkrete Tätigkeit wird im Einzelfall betrachtet, um auch den sich ändernden Gegebenheiten am Arbeitsmarkt Rechnung zu tragen. Maßgebend für die Einstufung ist nach der Rechtsprechung eine Gesamtbetrachtung des Einzelfalles. Zu dieser Beurteilung werden verschiedene Indikatoren herangezogen. Dazu gehört auch die Weisungsgebundenheit. Weitere Anhaltspunkte für eine abhängige Beschäftigung sind z. B. die Eingliederung in den Betrieb, die Entlohnung durch ein festes Gehalt und damit das fehlende wirtschaftliche Risiko sowie die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Arbeitgeber. Die Erfüllung eines Kriteriums allein führt noch nicht zu einer Einstufung als abhängige Beschäftigung, vielmehr wird stets das vorherrschende Gesamtbild der Erwerbstätigkeit beachtet“.

Statment eines Veranstalters

Von Jens Michow, Präsident des Bundesverbandes der Veranstaltungswirtschaft, erreichte uns folgendes Statement zu dieser Thematik: „Der Bundesverband ist sich der Problematik der Beschäftigung Scheinselbständiger bewusst. Allerdings ist in jedem Einzelfall sehr genau zu prüfen, ob tatsächlich Scheinselbständigkeit vorliegt. Im Bereich der technischen Hilfskräfte in der Veranstaltungsbranche sind wir derzeit damit beschäftigt, dazu alle Seiten (Veranstalter, Stagehands, Behörden und auch Politiker) zu hören und die Standpunkte aller Seiten zu verstehen. Wir werden dann die aktuelle Faktenlage bewerten und unseren Mitgliedern eine rechtlich valide und wirtschaftlich tragfägige Lösung anbieten.“

Ruhig schlafen dank Festanstellung?

Patrick HarnischPatrick HarnischPatrick Harnisch ist Geschäftsführer des Berliner Personalvermittlers Stagehands.de. Im Gegensatz zu Selbständigkeitsverfechter Stürtz ist er allerdings eher ein Freund der Festanstellung. Deswegen lautet auch sein Rat an alle Berufsanfänger, sich nach Möglichkeit in einem Betrieb ausbilden zu lassen, in dem die Chancen auf eine spätere Übernahme gut stehen:

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Fazit

Selbständigkeit setzt ein hohes Maß an Eigenverantwortung voraus, da man sich bei dieser Form der Beschäftigung selbst um seine soziale Absicherung kümmern muss, dies aber unbedingt auch tun sollte. Denn wer durch einen Verzicht darauf seine Dienstleistung billiger anbieten kann als die Mitbewerber, der treibt als sofortige Auswirkung die Preise in den Keller und bekommt später Probleme, sein Dasein zu finanzieren. Ein derart kurzsichtiges Verhalten schadet also allen zu allen Zeiten. Hinzu kommt noch das Problem der Scheinselbständigkeit: Für die Auftraggeber ist es natürlich finanziell günstiger, Freelancer an Stelle von fest angestelltem Personal zu beschäftigen, die sozialen Folgen zeigen sich erst viel später. Viele Unternehmen haben aber die Zeichen der Zeit erkannt, wie die steigende Nachfrage nach Beschäftigungsverhältnissen im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung zeigen.

Wie geht es weiter?

Wie auch Falco Zanini in unserem Bericht vom 23. Januar 2012 ist auch Simon Stürtz der Meinung, dass sich zukünfig einiges ändern wird. Er glaubt an ein System, dass auf den Säulen Arbeitnehmerüberlassung und Freelancern basiert.

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Patrick Harnisch sieht die Zukunft eher im Modell der Arbeitnehmerüberlassung:

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Wie auch immer, es ist höchste Zeit, dass etwas passiert, denn Selbständige, die sich nicht um Versicherungen und soziale Absicherung bemühen, können mit diesem Schmalhans-Küchenmeister-Lebensstil die Preise enorm in den Keller drücken. Und in diesem Punkt sind sich beide einig: Um dem Preisverfall zu stoppen, muss etwas getan werden, damit sich nicht Begegnungen wie diese häufen, die Patrick Harnisch gemacht hat:

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www.artlogic.de
www.stagehands.de
www.crewcheck.org
Autor: Markus Wilmsmann