Am 22. November 2019 gab Coldplay zwei spektakuläre „Sunrise“- und „Sunset“-Auftritte in Ammans Zitadelle (Jordanien), die live auf YouTube gestreamt wurden, um die ganze Welt an der Veröffentlichung des neuen Albums „Everyday Life“ teilhaben zu lassen.
Keine Touren mehr
Nach der Entscheidung, aus Umweltgründen keine „Everyday Life“-Tour zu organisieren, hatte sich Coldplay eine Alternative überlegt, um eine maximale Werbewirkung zu erzielen: „Wir suchten uns einen Ort auf der Welt, wo wir normalerweise nicht spielen“, erzählte Chris Martin, Sänger von Coldplay, der BBC.
Wenige Tage vor den historischen Amman-Konzerten gab das Management von Coldplay bekannt, dass die Band am 25. November außerdem einmalig im Londoner Natural History Museum live auftreten würde. Ausgewählte Songs dieser Performance werden im Radio und in den sozialen Medien verfügbar sein; der Erlös wird einer gemeinnützigen Organisation gespendet.
Wie immer waren die spektakulären und perfekt geölten Shows das Ergebnis intensiver Vorbereitungen mit den Besten der Branche. Tony Smith (Coldplays Audio-Designer, FOH Tech und Crewchef) erarbeitete mit dem überragenden Broadcast-Toningenieur Toby Alington eine Lösung für den Broadcast-Mix in Amman. Toby wiederum wandte sich über SR Films an Dirk Sykora für die Wahl und Bestückung eines Lawo-Mischpults für Jordanien. Toby mischte die beiden Live-Auftritte in Amman gemeinsam mit den Coldplay-Mitarbeitern Rik Simpson (Produzent, Toningenieur) und Dan Green (FOH-Ingenieur).
Auftritt auf dem Berg der Zitadelle
Band und Crew waren bereits eine Woche vor den Auftritten (bei Sonnenauf- und -untergang) in Amman. Laut Dirk Sykora, der das Lawo mc²56 Mischpult für die Streaming-Events konfigurierte und programmierte, wurden insgesamt 192 Eingänge mit drei separaten DAW-Maschinen aufgenommen und für die Live-Stereoübertragung mit dem Pult gemischt.
Die Band probte die neuen Stücke in einem Theater in Ammans Innenstadt, was der Crew die Gelegenheit gab, alle technischen Aspekte vorzubereiten, das Pult zu programmieren und an allen Einstellungen zu feilen, bis alle rundherum zufrieden waren.
Nach den Proben und Live-Aufnahmen im Theater wurde die gesamte Ausrüstung auf den Berg der Zitadelle geschafft und in Zelten in der Nähe des Ortes aufgestellt, wo die Band ihre Sunrise- und Sunset-Konzerte gab.
192 Audiokanäle
Trotz gegenteiliger Annahmen waren die beiden Coldplay-Performance in Amman „echte“ Live-Gigs, die auch gefilmt und gestreamt wurden, sagt Toby Alington: „Es war bestimmt kein Filmdreh, zu dem ein Playback lief. Wir brauchten die 192 Audiokanäle tatsächlich. Zusätzlich stellten wir eine Reihe von Ambience-Mikrofonen um die Zitadelle herum auf, um Ammans Live-Atmosphäre in der Morgen- und Abenddämmerung einzufangen. Das Projekt war Magie pur – alles passte perfekt zusammen.“ Dirk Sykora von Lawo stimmt zu: „Coldplays ‚Sunrise‘- und ‚Sunset‘-Gigs in Amman gehören zu den absoluten Highlights meiner beruflichen Laufbahn.“
Nach zwei großartigen Shows, deren Wirkung weltweit spürbar war, flogen Band und Crew nach London zum Live-Gig im Natural History Museum. Neben dem FOH-Mix von Dan Green wurde die Performance auch von Toby Alington und Rik Simpson im Floating Earth Ü-Wagen aufgenommen und gemischt – erneut mit einem Lawo mc²56-Pult und anhand der Konfiguration, die Dirk Sykora in Amman vorbereitet und gespeichert hatte und nur zum Pult im Ü-Wagen zu übertragen brauchte.
Rik Simpson, Produzent und Toningenieur von Coldplay und Toby Alington, der Live-Toningenieur in Amman und London, waren mit dem Equipment der niederländischen Firma SR Films und der Klangqualität des mc²56 von Lawo äußerst zufrieden. Toby Alington: „Diese Konsole funktioniert genau wie ich denke. Und es klingt hervorragend.“
Der WWF begrüßte die Initiative von Coldplay, weitere Tourneen so lange aufzuschieben, bis eine umweltverträgliche Strategie für solche Mammutunterfangen gefunden ist. Mit den Errungenschaften der IP-basierten Remote-Produktion, den Streaming-Möglichkeiten und modernsten Workflows könnte Lawo der Band dabei helfen, ihren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren und trotzdem im Rampenlicht zu bleiben.