Offener Brief: Restart der Veranstaltungswirtschaft nach dem 21. September 2021

Bundeskanzlerin Angela Merkel (Foto: © Bundesregierung/Kugler)

Das Forum Veranstaltungswirtschaft, die Allianz maßgeblicher Verbände des Wirtschaftszweigs, hat heute einen Offenen Brief an die Bundeskanzlerin Merkel gesendet. Unter Bezugnahme auf das Versprechen der Kanzlerin, dass ab 21. September „jeder ein Impfangebot erhalten haben wird“, folgert die Initiative in diesem Schreiben, dass nach diesem Termin öffentliche Veranstaltungen wieder uneingeschränkt möglich sein müssten.

Offener Brief 

Restart der Veranstaltungswirtschaft nach dem 21. September 2021 

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Dr. Merkel, 

dürfen wir Sie beim Wort nehmen? Wie Sie mehrfach versprochen haben, soll bis zum 21. September 2021 jeder, der will, ein Impfangebot gegen Corona erhalten haben. Die deutsche Veranstaltungswirtschaft, die bekanntlich von den wirtschaftlichen Folgen der Krise am härtesten betroffen ist, geht aufgrund dieses Versprechens davon aus, dass damit nach dem 21. September 2021 auch alle Voraussetzungen dafür vorliegen werden, dass auch öffentliche Veranstaltungen wieder uneingeschränkt stattfinden können. 

Wir fordern Sie, sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, daher auf, Ihr Versprechen auch als Öffnungsstrategie für die Veranstaltungswirtschaft zu nutzen und dies entsprechend anzukündigen. Auch wenn das von Ihnen versprochene Impfangebot noch nicht bedeutet, dass es tatsächlich von allen Bürgerinnen und Bürgern in Anspruch genommen wird, darf doch davon ausgegangen werden, dass am 21. September der weit überwiegende Teil unserer Bevölkerung das Angebot angenommen hat. Sofern Veranstaltungsbesuche nach dem 21. September von der Vorlage eines Impfnachweises abhängig gemacht würden, ist für uns nicht ersichtlich, was ab dem 21. September gegen eine 100%ige Öffnung der deutschen Veranstaltungsstätten sprechen sollte. Und da nicht davon ausgegangen werden kann, dass tatsächlich 100% der Bevölkerung unseres Landes das Impfangebot bis zum 21. September angenommen haben werden, könnte der Einlass davon abhängig gemacht werden, dass von nicht geimpften Personen das negative Ergebnis eines zeitnah durchgeführten Antigen-Tests vorgelegt wird. Die deutschen Veranstalter:innen vermögen angesichts Ihres Versprechens nicht zu erkennen, was ansonsten noch geschehen müsste, damit Kultur– und Wirtschaftsveranstaltungen tatsächlich wieder uneingeschränkt stattfinden können und der Wirtschaftszweig endlich die seit Monaten geforderte Perspektive erhielte. 

Die meisten Veranstalter:innen haben unter dieser Prämisse ihre seit März 2020 nicht selten bereits zum dritten Mal verlegten Veranstaltungen für den Herbst dieses Jahres bereits im Verkauf. Wenn auch diese Veranstaltungen erneut nur mit Abstandsregeln und damit nur unwirtschaftlich durchgeführt werden könnten, werden die Unternehmen dies trotz der diversen großzügigen Hilfsangebote wirtschaftlich nicht überleben. Dies umso weniger, da die vom Bundesminister für Finanzen so ausdrücklich angekündigte Ausfallfonds und Wirtschaftlichkeitsbonus offenbar ins Stocken geraten ist und im Übrigen für den wirtschaftlichen B2B-Bereich ein entsprechender Fonds noch nicht einmal angedacht zu sein scheint. 

Da Veranstaltungsunternehmen das Risiko erneuter Absagen oder der Einschränkungen von unter Vollauslastung geplanten Veranstaltungen nicht ein weiteres Mal tragen können, wird mangels der angekündigten staatlichen Absicherung zunehmend in Betracht gezogen, die Veranstaltungen bereits jetzt schon abzusagen. Die in der Branche täglich zunehmende Unsicherheit bezüglich der weiteren Entwicklung führt daher dazu, dass immer wieder aufgeschobene Arbeitskündigungen nun zunehmend ausgesprochen werden. Umso mehr ist die deutsche Veranstaltungswirtschaft auf das Vertrauen in Ihr Versprechen angewiesen. 

Unter welchen Umständen bis zum 21. September die Öffnung von Veranstaltungen auch schritt-weise möglich sein sollte, haben wir Ihnen bereits mit unserem Schreiben vom 08.02.2021 ausführlich dargelegt. Mit unserem Ihnen übersandten Manifest Restart haben wir ein Öffnungskonzept vorgelegt, mit dessen Umsetzung Veranstaltungsräume zu einem sicheren Ort für das Publikum gemacht werden können, sodass die Infektionsgefahr gen null reduziert würde. Gemäß den Versprechen des Bundesgesundheitsministers sowie nahezu aller Länderpräsident:innen sollen nun kurzfristig flächendeckend Schnelltests angeboten werden. Unser Wirtschaftszweig hat bereits in vorgenanntem Schreiben den Vorschlag unterbreitet, für nicht geimpfte und auch nicht getestete Veranstaltungsbesucher:innen vor jedem Veranstaltungseinlass Schnelltests durchzuführen. So könnte nicht nur sichergestellt werden, dass ausschließlich Geimpfte, Getestete oder Genesene Zugang zu den Veranstaltungen erhalten, sondern es würde damit auch eine wichtige Lücke geschlossen werden, die dadurch entsteht, dass nicht jeder die öffentlichen Testangebote nutzen wird. Insofern könnten Veranstalter:innen auch einen wertvollen Beitrag zur Nachverfolgung von Infektionen leisten. 

Unseres Erachtens kann unter Gewährleistung dieser Voraussetzungen sowie der zusätzlichen Erarbeitung konkreter Hygienekonzepte und Einhaltung der üblichen Schutzbestimmungen auch außerhalb von Modellversuchen eine schrittweise Öffnung von Veranstaltungsstätten durchaus ermöglicht werden. Wir bitten Sie daher hiermit nochmals, den Ländern auch dies zu empfehlen. 

Der hier geschilderte Blick nach vorne würde endlich nicht nur der Veranstaltungsbranche, sondern auch den Menschen in unserem Lande eine Perspektive bieten, die seit so langer Zeit weitgehend auf den Genuss von Kultur verzichten müssen. Die Menschen wünschen sich nichts sehnlicher, als sich endlich wieder im sozialen Miteinander und mit mehr Lebensqualität begegnen zu können. Idealerweise tun sie dies in einem kontrollierten Umfeld, welches die deutsche Veranstaltungswirtschaft mit ihrer Expertise durchaus gewährleisten kann. 

Dieser Blick nach vorne bedeutete aber auch eine Perspektive für zehntausende Unternehmen und Millionen von Erwerbstätigen und abhängig Beschäftigten. Sie alle wollen nach achtzehn Monaten der Untätigkeit wieder ihre Berufe ausüben und nicht mehr auf staatliche Förderungen angewiesen sein. Mit einer entsprechenden Ankündigung oder auch nur Empfehlung der Bundesregierung an die Länder erhielten sie schon jetzt die Hoffnung, dass nach langen Entbehrungen und langem Durchhal-ten spätestens im September 2021 eine Rückkehr zur Normalität möglich sein wird. Damit würde auch Ihre Regierung ein positives Signal in Zeiten setzen, in denen die negativen Nachrichten überwiegen. 

Die deutsche Veranstaltungswirtschaft ist der sechstgrößte Wirtschaftszweig unseres Landes. Mit hohen Wertschöpfungseffekten in benachbarten Branchen wie Messe, Tourismus oder Gastronomie ist sie ein zentraler Motor für die Gesamtwirtschaft. Wie aber können Unternehmen eine Perspektive und Planungssicherheit erhalten, wenn es nach derzeit dreizehnmonatigem Veranstaltungs-Lockdown immer noch keine zeitliche Prognose für Verlängerungen von Hilfsgeldern, geschweige denn die Hoffnung auf die Möglichkeit der Berufsausübung gibt? 

Wir sind daher davon überzeugt, dass es dringend an der Zeit ist, dass sich Politik und Wirtschaft in dieser Pandemie gemeinsam noch stärker als Teil einer Lösung für dieses Land präsentieren. Mit dem 21. September 2021 haben die Menschen ein klares Ziel, auf das sie sich freuen können und welches die Energie der Unternehmen und ihrer Mitarbeiter:innen in eine positive Richtung lenkt. 

Wir bitten Sie daher darum, gemeinsam mit unserem Wirtschaftszweig ein Zeichen durch Ihre Botschaft zu setzen, dass uns ab Ende des Sommers wieder ein wirkliches Miteinander der Menschen gelingt. Damit wäre eine Aufbruchsstimmung in Deutschland geschaffen, welche zudem die Voraus-setzung dafür bieten würde, dass die Menschen die noch vor ihnen liegenden schwierigen Wochen leichter und disziplinierter ertragen werden. Und natürlich erhielte damit auch die Veranstaltungs-wirtschaft die Perspektive, dass spätestens ab 21. September 2021 tatschlich ein uneingeschränkter Restart möglich sein wird. 

Selbstverständlich stehen Ihnen die Unterzeichner:innen jederzeit für weiterführende Gespräche zur Verfügung. 

Hochachtungsvoll 

  • Prof. Jens Michow – Geschäftsführender Präsident Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV) e.V. 
  • Timo Feuerbach – Geschäftsführer Europäischer Verband der Veranstaltungs-Centren (EVVC) e.V. 
  • Marcus Pohl – Vorstand Interessengemeinschaft der selbständigen Dienstleister:innen in der Veranstaltungsbranche (ISDV) e.V. 
  • Axel Ballreich – Erster Vorsitzender der LiveMusikKommission e.V. (LiveKomm) 
  • Linda Residovic – Geschäftsführerin Verband für Medien- und Veranstaltungstechnik (VPLT) e.V.