Autokinos und Autokino-Konzerte sind die Events der Stunde – und für die meisten Veranstaltungstechnik-Dienstleister und Freelancer die erste (und einzige) Möglichkeit, wieder im Rahmen einer Live-Produktion zu arbeiten. Vor allem das Audio-Gewerk muss sich aktuell auf neue Bedingungen einstellen: ohne ein herkömmliches Beschallungssystem gestalten sich die Planung und Workflows völlig anders. Dies betrifft nicht zuletzt die Arbeit an den Mischpulten. Diese Erfahrung musste auch Claudio Malaguti auf den Autokino-Konzerten von Alligatoah machen. Auf die Möglichkeiten seines AVID VENUE | S6L-Live-Sound-Systems konnte sich der FOH-Engineer jedoch voll und ganz verlassen.
Mischen für den UKW-Sender
„Wir mussten erst einmal herausfinden, wie man die Show und den Sound in dieses Format übersetzt“, gibt Claudio Malaguti von CL-Audio Klangoptimierung zu. „Statt in eine PA, mischt man hier in den UKW-Sender. Trotz cleanerer Signale (kein Übersprechen der PA auf die Mikrofone) und mehr EQ-Freiheiten aufgrund der nicht vorhandenen Feedback-Gefahr in den Low-Mids darf man nie vergessen, dass am anderen Ende das Publikum in Autos sitzt und den Mix über unterschiedlichste Anlagen hört.“
Für den Alligatoah-Broadcast-Mix arbeitete Claudio Malaguti auf einer AVID VENUE | S6L-32D Bedienoberfläche in Kombination mit einer E6L-192 Engine sowie zwei Stage I/O-Racks mit 64 bzw. 16 Eingängen. Für den Virtual Soundcheck kam Pro Tools 12 zum Einsatz. „Ich bin seit über zwei Jahren mit Alligatoah und der S6L auf Tour, daher war klar, dass wir das System inklusive des bestehenden Showfiles auch für die Autokino-Shows einsetzen.“
Plug-Ins für den Radiosound
Insbesondere die Möglichkeit, Drittanbieter-Plug-Ins auf den Avid Live-Sound-Systemen einzubinden, gehört für Claudio zu den großen Vorteilen der VENUE | S6L – und erleichterte ihm auch im Autokino die ungewohnte FOH-Arbeit. „Das Mischen von Autokino-Konzerten tendiert eher in Richtung Studioarbeit bzw. Broadcast-Mixing. Durch die Plug-In-Integration kann ich mir die S6L auf meine persönlichen Klangvorlieben zuschneiden und – wie im Studio – tief ins Detail gehen.“ Für die Autokino-Shows mit ihren extrem heterogenen Wiedergabesystemen erstellte Malaguti einen möglichst ausgewogenen Mix, der sich an den Hörgewohnheiten des Radios orientierte. „Ich mische Alligatoah grundsätzlich mit viel Kompression. Nun kommt noch eine Processing-Kette mit zusätzlicher Kompression, Subharmonics, M/S-EQ, Stereoverbreiterung und einem finalen Limiter hinzu, um die Peaks abzufangen.“
Kein unmittelbares Feedback
Ein Live-Konzert ohne zentrale Publikumsbeschallung erfordert andere Abhörmaßnahmen. „Meistens sitze ich in einem einfachen (Doppel-)Container, der zum Teil durch Molton akustisch optimiert wurde. Bei unserem ersten Autokino-Konzert befand sich mein FOH-Platz sogar in einem leeren Frachtcontainer, den ich noch schnell mit Moltonstücken verhängt habe. Ich habe dann die großen Flügeltüren offengelassen und mich direkt in den Eingang gebaut, um den Container nicht unnötig akustisch anzuregen. Hier hat mir das Vertrauen in mein bewährtes Showfile geholfen, bei dem ich genau weiß, wie es über Kopfhörer klingen sollte.“
Man lernt nie aus
Claudio Malaguti nutzt den aktuell deutlich reduzierten Produktionsbetrieb umso stärker zur Weiterbildung: „Mit jedem Erlebnis wird man besser und vielseitiger. Deshalb werde ich auch aus dieser Zeit Erfahrungen mitnehmen, die ich an anderer Stelle wieder gebrauchen kann. Aktuell befasse ich mich zum Beispiel intensiv mit Techniken anderer Live-Sound-Engineers. Ein großes Dankeschön geht diesbezüglich an Robert Scovill von Avid, durch den ich gelernt habe, durch Plug-Ins oder Routing entandene Latenz via Delay manuell zu kompensieren, wie bei Alligatoah geschehen.“
Trotz neuer Techniken und Workflows ist sich Claudio Malaguti sicher: „Den Impact einer großen PA kann nichts ersetzen. Doch in diesen ungewöhnlichen Zeiten sind Autokino-Shows eine gute Sache. Solange die Autobatterie noch voll genug ist, fahren die Leute zufrieden nach Hause.“